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DR. HERMANN WITHALM/ POLITIKER IN FRONTSTELLUNG

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Der neue Generalsekretär der Volkspartei, Dr. Hermann Withalm, rückt immer stärker ins Kreuzfeuer öffentlicher Auseinandersetzung. Als „Withalm-Plan“ stehen seine Bemühungen um die Schaffung von Volksaktien, nicht zuletzt um eine Umwandlung von 40 Prozent der Aktien der Böhler-Werke in Volksaktien, im Vordergrund des politischen Interesses. Au die Person dieses Mannes knüpfen sich heute Hoffnungen und Erwartungen. Politische Freunde erhoffen von ihm eine echte Reform der Volkspartei, Katholiken erwarten von ihm eine Stärkung des bekenntnismäßigen Einflusses, Nationale erhoffen von ihm ihrerseits eine noch stärkere Berücksichtigung des /.deutschen“ Elements, Liberale sehen in ihm einen möglichen Rammbock gegen das Vordringen des sozialistischen Einflusses in Staat und Wirtschaft. Es gehört zu einer gewissen Tragik um diesen arbeitsamen Mann einer jüngeren Generation, daß seit geraunter Zeit alle möglichen Männer und Mächte von ihm allerlei in sich Gegensätzliches erwarten, während er selbst, vor ]ahren in den Couloirs als „kommender Mann“ genannt, im Schatten des starken Kanzlers lange nicht so recht gedeihen konnte. Es wäre schade, wenn dieser Vertreter einer jüngeren Generation vor der Zeit überfordert, verbraucht, überanstrengt würde. Die Erbschaft, die er als Generalsekretär der ÖVP antritt, ist bereits an sich eine schwere Last. Werfen wir einen Blick auf diesen Mann, der sich selbst nicht in den Vordergrund gedrängt hat.

Dr. Hermann Withalm. am 21. April 1912 in Gaweinstal, Niederösterreich, geboren, ist ein Sohn jenes kerngesunden, zähen, lebensfrohen Landes vor den Toren Wiens, das sich sein bäuerliches Erbe erstaunlich konstant erhalten hat, und Österreich, der Republik und der Kirche in unserem Jahrhundert eine ganze Reihe glaubensfester und wetterfester Naturen geschenkt hat. Hermann Withalm ist in diesem Lande als Sohn eines Müllermeisterund Landwirtsehepaares geboren worden, hat dann im berühmten Kalksburger Konvikt das

Gymnasium absolviert, studierte dann die Rechte an der Universität Wien und promovierte hier 1935. Im folgenden jähre begann er als Notariatskandidat in Poysdorf seine berufliche Laufbahn, die 1938 durch den Einmarsch Hitlers und dessen Machtübernahme zunächst ein jähes Ende fand. 1942 bis zum Kriegsende war Dr. Withalm Soldat. Seit 1947 ist er Notar, seit 1953 Abgeordneter zum Nationalrat, als Vertreter eben des Viertels unter dem Manhartsberg. Bäuerliche Umsicht und Zähigkeit, Ruhe und Verläßlichkeit dürften für Bundeskanzler Raab mitbestimmend gewesen sein, in den folgenden Jahren Dr. Withalm stärker politisch herauszustellen. Im September 1956 berief er Dr. Withalm als Staatssekretär in seine Regierung und übertrug ihm ein heißes Eisen zur Verwahrung: im Finanzministerium sollte der neue Staatssekretär den Abverkauf der durch den Staatsvertrag an Österreich fallenden ehemals deutschen Vermögenswerte durchführen. In dieser heiklen Arbeit erkannte Hermann Withalm eine große politische Chance im Sinne einer christlichen Sozialreform: die Schaffung von Volksaktien sollte breiteren Schichten kleinerer Leute einen gewissen Anteil an dem berühmtberüchtigten „großen Kapital“ geben, dessen Machtballung nicht nur von Marxisten gefürchtet wird. Nun, seit 1956 ist viel Wasser in den Wein des ersten Withalm-Planes gegossen worden, dennoch gelang es ihm bei neun Betrieben, den Gedanken der Volksaktie in die Praxis umzusetzen. Heute steht der Generalsekretär der ÖVP vor neuen, großen und schweren Aufgaben, die sich nicht zuletzt aus der unbewältigten Vergangenheit dieser Partei ergeben. Eine mögliche Lösung dieser Aufgaben, im Neuaufbau, aber auch in der erstmaligen Gestaltung einer gesunden, in die Zukunft weisenden Programmatik, wird nicht zuletzt davon abhängen, ob Dr. Withalm die rechten Mitarbeiter und wirkliche Freunde, kritische Freunde, suchen und finden wird. Viele Augen richten sich in diesem Jahre auf diesen Mann. Unserer guten Wünsche für seine und unsere Zukunft kann “r sicher sein.

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