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Englischer Humor

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VENETIA UND DER WÜSTLING. Roman von Georgette H e y e r. Aus dem Englischen. 372 Seiten. Preis 107 S. - SEEBÄREN SIND SELTSAME VÖGEL. Roman von John W i n t o n. Aus dem Englischen. 258 Seiten. Preis 92 S. Beide im Paul-Zsolnay-Verlag, Hamburg-Wien.

Mit Takt und Geschmack, mit Spottlust, vor allem mit viel Humor wandelt Georgette Heyer gerne durch die britische Society des beginnenden 19. Jahrhunderts. So auch diesmal. Miß Venetia ist trotz ihrer außerordentlichen Vorzüge auf dem besten Wege, eine alte Jungfer zu werden. In dem elternlosen Haushalt ihres ländlichen Heimes betreut sie den jüngeren, lahmen und in seine Bücher vernarrten Bruder Aubry,

während Conway, der Ältere, nach der Schlacht von Waterloo noch bei den englischen Besatzungstruppen in Frankreich steht. Edward und Oswald, zwei Jünglinge aus der Nachbarschaft, bedrängen auf eine für die Leser überaus amüsante Art Venetia mit Heiratsanträgen. Aber sie verfällt mit Haut und Haaren dem höchst reifen Junggesellen Damerei, der als „verruchter Baron“ und als „Wüstling“ den denkbar

schlechtesten Ruf in der Society besitzt. Die Herrschaften aus Venetias Umgebung bemühen sich eifrig, sie vor Damerei zu schützen. Er selbst wagt nicht, sie um ihre Hand zu bitten. Und was spielt da noch alles hinein, ehe es doch zwischen Venetia und ihm zum guten Ende kommt! Venetia begegnet ihrer flotten, fröhlichen Mutter, von der man ihr gesagt hat, sie sei gestorben. Und urplötzlich erscheint Conways junge Gattin im Hause, niemand hat auch nur geahnt, daß er verheiratet ist. .. Kurz, es ist ein entzückendes, wirklich unterhaltsames Buch.

*

Und dies läßt sich auch von Wintons „Seebären“ sagen. Hier ankert der Humor im typisch Englischen der Seefahrt. Auf einem britischen Kreuzer versammelt sich eine ganze Auslese eigenartiger Käuze in den verschiedensten Rangstufen der Seeoffiziere. Zwei fröhliche Burschen unter ihnen, Michael und Paul, sind etwas schweren Herzens auf die weite Ostasien-

fahrt gegangen, sie haben Mary und Anne zurücklassen müssen, ihre Zukünftigen. Winton, selbst Seeoffizier, hat uns schon in seinem Marinebuch „Kadetten, ahoi!“ gezeigt, was er kann: Gewichtige, bemerkenswerte Tatsachen der Seefahrt auf die fröhlichste Weise darzustellen, sich über hundert Leute lustig zu machen und doch keinen zu verletzen. Diesmal erlebt das Schiff die unglaublichsten Dinge; so einen Vulkanausbruch auf hoher See, ein urkomisches Bordfest, den Start einer angeblichen Wunderwaffe, die Begegnung mit einem weiblichen Schiffskapitän und den Besuch bei einem obskuren ostasiatischen Fürsten, dessen Dolmetsch an sich schon eine Possenfigur von reinstem Wasser ist. Das Buch spielt in der Gegenwart, die Engländer spüren den wachsenden amerikanischen Einfluß und werden auf pfiffige Art damit fertig. Immer wieder treffen die Seeoffiziere auf ehemalige Kameraden, die abgerüstet haben und heute den tollsten Berufen nachgehen. Köstlich auch die Sprache der Seebären und, ein prächtiger Gegensatz zu dem überaus Erheiternden, sehr eindrucksvoll der Ernst, mit dem sie „ihren Beruf einfach erfüllen, weil sie ihn lieben.“

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