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Die Cantilenen des Cavaliere

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Während sich Theaterdirektor und Regisseur schon die Haare rauften weil für die Operettennovität noch immer einige Nummern fehlten, okulierte Francesco Ezechiele Ermenegildo Cavaliere Suppe Demelli in aller Ruhe seine Rosenstöcke oder kochte erlesene Gerichte für seine Freunde. Wenn man ihn schließlich knapp vor den letzten Proben kurzerhand in seinem Arbeitszimmer einsperrte, schmiß ei dort wütend alles durcheinander, doch unter dem vulkanischen Getöse entstanden Cantilenen.

Die Cantilene dieses welschen Wieners Suppe war der Auftakt des diesjährigen Badener Operettensommers, jenes liebenswürdigen theatralischen Schnörkels zwischen Blumenrabatten und Reminiszenzen. Man kommt gern in di« „Arena“, erfreut sich immer wieder an ihrer heiteren, originellen Atmosphäre: ein Rahmen, wie vom k. k, Hof-Conditor Demel entworfen, Ornamente, die auf der Zunge zergehen. Oben aber, bei den Traversen des offenen Glasdaches, war ein Ingenieur am Werk, ein nüchterner Rechner und Statiker. Das Deckenfresko vollends stellt die Natur bei: sommerlichen Abendhimmel und Wipfel des Kurparks.

Gespielt ’ wurde :’S,Boctaccid" Neben der Römerquelle entfaltete sich Florentinisches, Amouröses

Anekdotisches, im hübschen szenischen Bilderbogen von Dieter Bachdorff. Die Librettisten-Lyrismen und -Spaßetteln der Herren Zell und Genėe sind von Adolf Rott und Friedrich Schreyvogel aufpoliert worden, ein übriges tat mit lockerer Hand Walter Sofkaals Regisseur. Den großen Sexchronisten des Mittelalters, dem man bei der Ummodelung zur Opernflgur — denn eigentlich ist „Boccaccio“ eine Komische Oper — das allzu Frivole abnahm und dafür den Zauber des romantischen Frauenbetörers verlieh, sang Erwin V. Gross. Ein reifer Bonvivant in der Welt Dantes, ein eleganter Feschak vom Ponte Vecchio. Im Belcanto und komödiantischen Treiben vereint mit dem Damentrio Edith Martin (ehrenwörtlich: keine Verwandte des Rezensenten!), Carmen Carusund Clementine Mayer. Für weitere Glanzlichter sorgte tenoral Heinz Zednik als prinzlicher Lieber Kerl. Wolf Aurich ließ sehr gelungen Töne einer Nestroy-Komik anklingen, mit buffonesker Note belebten Hansi Hübl, Josef Ebner und Gottfried Nowak das fröhliche Geschehen. Voll Brio konnte sich das Ballett in den Kammerspieldimensionen der Bühne entwickeln. Animierter Schlußapplaus, der allen Mitwirkenden galt, last not least dem Dirigenten Heinz Norfolk. Man kommt gern in die „Arena“.

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