7001601-1987_27_04.jpg
Digital In Arbeit

Die Hauptschule muß nun Zukunft haben

Werbung
Werbung
Werbung

In der Diskussion um die Zukunft der Hauptschule meldet sich der Vizepräsident des Wiener Stadtschulrates, Landtagsabgeordneter Wolfgang Petrik, zu Wort. Er hält nichts vom „Tod der Hauptschule“.

„Die Hauptschule ist in Ordnung“, meint Petrik gegenüber der FURCHE, „die Hauptschule ist sinnvoll, die Lehrer sind methodisch und didaktisch bestens ausgebildet. Die Hauptschule funktioniert auch überall dort und hat dort eine Berechtigung, wo der Standort der nächsten AHS in großer Entfernung ist.“

Wo sieht der Pädagoge das Problem der Hauptschule von heute? „Die Laufbahn der Schüler ist nicht begabungsgerecht. Der Zufall des Wohnortes der Eltern entscheidet heute darüber, ob ein zehnjähriges Kind die Hauptschule oder die Unterstufe einer AHS besucht, gleichgültig ob das Kind geeignet oder ungeeignet ist.“

Für den ÖVP-Schulpoli- tiker Petrik müssen hier die Reformen ansetzen: „Ja, es stimmt, daß in den Ballungszentren die Hauptschule nur mehr auf dem Papier besteht Diejenigen Kinder, die in der ersten Leistungsstufe der Hauptschule sein sollten, sitzen in der AHS, und fast automatisch entspricht mm die erste Leistungsgruppe in der Hauptschule nicht mehr den pädagogischen Zielvorstellungen.“

Sollte dann nicht eine Änderung der Hauptschule angestrebt werden? Petrik: „Nicht eine Änderung der Bildungsinhalte der Hauptschule ist nötig, sondern eine ,begabungsgerechte’ Zuteilung der Schüler.“

In diesem Zusammenhang tritt Petrik für einen „Schullaufbahntest“ in der vierten Volksschulklasse ein. Den Vorwurf, daß damit die „alte Aufnahmsprüfung“ wieder eingeführt werde, weist Petrik zurück: „Die Schullaufbahntests, von Pädagogen erarbeitet, sind als eine Unterstützung für das Lehrerurteil gedacht. Der Volksschullehrer kennt die Leistungsfähigkeit seiner Schüler und deren Entwicklung durch mehrere Jahre. Seiner Prognose kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Durch eine Kooperation zwischen den Volksschullehrern und den Lehrern an den weiterführenden Schulen sowie durch eine intensive Beratung der Eltern — auch durch andere Fachleute - können zusätzliche Entscheidungshilfen für die begabungsgerechte Schullaufbahn erarbeitet werden.“

Wie sieht Petrik trotz der Tatsache, daß allein in Wien in den nächsten Jahren dreizehn Hauptschulstandorte gefährdet sind, die weitere Zukunft der Hauptschule?

Petrik plädiert zunächst einmal für eine Aufwertung der Hauptschule und bekennt sich zu einer begabungsadäquaten Bildung: „Dabei müssen pädagogische Zielsetzungen und das Wohl des Kindes im Mittelpunkt stehen.“

Derzeit besteht ja kaum ein Unterschied zwischen Hauptschule und Unterstufe der AHS, die Lehrplanidentität ist nahezu gegeben: „Ich bekenne mich zu einer begabungsadäquaten Bildung durch ein differenziertes Schulsystem. Der Hauptschule soll dabei die Aufgabe zufallen, all jenen eine ,Basisbildung’ zu vermitteln, die eine Berufsausbildung im dualen Bildungssystem anstreben oder berufsbildende mittlere und höhere Schulen besuchen wollen. Die AHS soll sich als Angebotsschule für intellektuell und theoretisch besonders Begabte verstehen, die später ein Universitätsstudium anstreben.“

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung