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Weil ihr Sohn mit einem Genügend im Volksschulzeugnis kaum Chancen hat, in der Hauptschule in Mathematik die erste Leistungsgruppe zu schaffen, „buchten” die Eltern um: Jetzt beginnt der Junior im Herbst mit der Unterstufe der Allgemeinbildenden höheren Schule.

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Weil ihr Sohn mit einem Genügend im Volksschulzeugnis kaum Chancen hat, in der Hauptschule in Mathematik die erste Leistungsgruppe zu schaffen, „buchten” die Eltern um: Jetzt beginnt der Junior im Herbst mit der Unterstufe der Allgemeinbildenden höheren Schule.

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Dieser Fall ist kein Einzelfall. Die sogenannte Neue Hauptschule mit ihrer Differenzierung in Leistungsgruppen hat - vor allem in Ballungsräumen - zu einem weiteren Ansturm auf die Unterstufe der Allgemeinbildenden höheren Schulen (AHS) geführt. Wer dem Risiko ausweichen will, daß sein Kind in der Hauptschule in der zweiten oder gar dritten Leistungsgruppe landet, steigt auf die AHS - damit automatisch mit der ersten Leistungsgruppe gleichgestellt - um.

Den Lehrern ist das Problem durchaus bewußt. Bei einer Umfrage der Gewerkschaft öffentlicher Dienst unter Pflichtschullehrern, ob das Volksschulzeugnis als Einstufungsgrundlage in der Hauptschule geeignet sei, waren nur 23 Prozent felsenfest davon überzeugt. Ein weiteres Drittel tendierte dazu, dem Volksschulerfolg eher schon Bedeutung beizumessen, während 26 Prozent „eher nicht” darauf bauen wollten; und jede(r) fünfte sprach dem Volksschulzeugnis die Eignung zur Einstufung überhaupt ab. Interessant dabei, daß die Einschätzung der Volksschullehrer selbst von der ihrer übrigen Kolleginnen und Kollegen im Pflichtschulbereich kaum abweicht.

Andererseits sind die Lehrer mit der derzeitigen Leistungsdifferenzierung in der Hauptschule überhaupt unzufrieden. 52 Prozent sind der Auffassung, daß sie „eher nicht” (30 Prozent) oder „bestimmt nicht” (30 Prozent) richtig ist. Nur 16 von 100 sind vom gegenwärtigen System überzeugt.

Besonders negativ wird das System der geltenden Leistungsdifferenzierung an Hauptschulen von den steiri-schen Lehrern beurteilt (72 Prozent „eher nicht” und „bestimmt nicht richtig”), kaum besser im Burgenland und in Kärnten.

Relativ zufrieden ist man damit nur in Niederösterreich und in Vorarlberg. Und im Trend durchgehend nimmt die Anhängerschaft des gegenwärtigen Systems mit der Größe des Schulstandortes ab: Im großstädtischen Bereich halten es 44 Prozent als „eher nicht” und weitere 24 Prozent als „bestimmt nicht richtig”.

Sonderfall Wien

Die Wiener Pflichtschullehrer sehen das nicht ganz so negativ, 21 Prozent sind sogar von der Richtigkeit des Systems vollkommen überzeugt, doch darf man in diesem Zusammenhang nicht den Bedeutungsverlust übersehen, den die Hauptschule in der Bundeshauptstadt durchgemacht hat: den Abstieg zur Minderheitenschule.

Liegt der Hauptschulanteil bei den Zehn- bis Vierzehnjährigen österreichweit noch bei 70,7 Prozent (Schulstatistik 1989/90), so ist er in Wien bereits auf 46 Prozent dieser Altersgruppe abgesunken. Mehr als die Hälfte geht dagegen hier in die AHS-Unterstufe, während es in den übrigen Bundesländern erst zwischen 20 und 25 Prozent sind.

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