Baustellen der Bildungspolitik

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Auf Wenn-Dann-Ketten will sich SP-Bildungsministerin Claudia Schmied nicht einlassen, sie plädiert für den "Mut zur Gleichzeitigkeit“. Insgesamt 45 Regierungsvorlagen hat sie seit ihrem Amtsantritt formuliert, 2011 erklärte sie gar zum "Jahr der Bildung“. Ideologisch geführte Bildungsdebatten, ein Kompetenzenstreit zwischen Bund und Ländern und zähe sozialpartnerschaftliche Verhandlungen haben eine umfassende Bildungsreform bisher jedoch verhindert. An vielen Baustellen wird gearbeitet, ein Ende ist aber noch nicht in Sicht.

Reformen und Reförmchen

Grünes Licht für Mittelschule

Bisher war’s bloß ein Schulversuch, ab Herbst wird die Neue Mittelschule zur Regelschulform. Bis zum Schuljahr 2018/2019 sollen alle Hauptschulen durch Neue Mittelschulen (NMS) ersetzt werden. Die AHS-Unterstufe bleibt - anders als von der SPÖ ursprünglich angestrebt - bestehen.

Ohne Evaluierung beschlossen

230 Millionen kostet die Umstellung der Hauptschulen: Für jeden Schüler stellt Bildungsministerin Claudia Schmied nämlich jährlich um 1000 Euro mehr pro Jahr zur Verfügung. Damit sollen Gruppenunterricht, Förder- und Leistungsmaßnahmen oder zusätzliche Lehrer für Teamteaching finanziert werden.

Für Bildungsministerin Claudia Schmied ist die NMS "ein wichtiger, großer Schritt“. Es soll aber nicht der letzte sein. Wenig euphorisch ist die Opposition: Die Grünen sehen in der Neuen Mittelschule "einen Rückschritt gegenüber der Hauptschule“. Und die FPÖ kritisierte den Zeitpunkt der Entscheidung: Der Schulversuch, der 2008 gestartet wurde, sollte nämlich erst nach vier Jahren, also 2012, evaluiert werden. Ergebnisse gibt’s noch nicht. Trotzdem hat der Unterrichtsausschuss dem Regierungsentwurf am 1. März zugestimmt.

Neuer Anstrich für Oberstufe

In Österreich ist der Anteil der 15-Jährigen, die mindestens eine Klasse wiederholt haben, doppelt so hoch wie der OECD-Schnitt. Das ist teuer, birgt ein hohes Frustrationspotenzial und verstärkt sozio-ökonomische Unterschiede. Abhilfe soll die modulare Oberstufe schaffen. "Das Wiederholen eines ganzen Schuljahres soll damit der Hälfte der Betroffenen erspart bleiben“, sagte VP-Bildungssprecher Werner Amon nach dem Beschluss im Dezember. Ab dem Schuljahr 2013/2014 sollen innerhalb von fünf Jahren alle Schulen umgestellt werden. Mit 1. September 2017 gilt die modulare Oberstufe dann für alle Schulen.

Neu ist: Nicht mehr eine ganze Klasse muss positiv abgeschlossen werden, um in die nächste Schulstufe aufsteigen zu dürfen, sondern die einzelnen Fächer. Jedes Fach entspricht in jedem Semester einem Modul. Und jedes Modul muss positiv abgeschlossen werden, bevor man zur Matura antritt.

Kostenneutral im zweiten Jahr

Wer hängt, hat also länger Zeit, seine Schwächen auszubessern. Und bekommt zusätzlichen Förderunterricht. Der kostet im ersten Jahr fünf Millionen Euro extra. Schon ab dem zweiten Jahr soll die neue Oberstufe aber kostenneutral sein, weil die Schüler weniger lang im Schulsystem sind.

Graben bei Zentralmatura

Fairer, vergleichbarer und qualitativ hochwertiger soll die Matura sein, wenn sie erst einmal einheitlich ist. Im Schuljahr 2013/14 sollen die ersten Gymnasiasten nach dem neuen System maturieren, ein Jahr später die Schüler der Berufsbildenden Höheren Schulen - wenn es nach Bildungsministerin Schmied geht. "Das Gesetz ist beschlossen, der Fahrplan steht“, betont sie.

Kritik an der Zeitplanung

Unglücklich sind damit die Schulpartner, also Schüler-, Lehrer-, und Elternvertreter. Die sind zwar grundsätzlich für die Zentralmatura, aber gegen den Zeitplan. Sie beklagen, dass es vor allem in Mathematik und Deutsch an Vorbereitung mangelt, fordern Schulversuche und eine Verschiebung des Matura-Starts nach hinten. Der Vorsitzende der AHS-Lehrergewerkschaft, Eckehard Quin, spricht von einer "völlig schlampigen, politisch unverantwortlichen Zeitplanung“. Er hofft, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, und spekuliert darauf, dass nach der nächsten Nationalratswahl der Starttermin kurzfristig verschoben wird.

Eine weitere Forderung ist eine österreichweit einheitliche Ferienregelung. So sollen alle Schüler gleich viel Zeit für die Vorbereitung haben.

Lehrer im Spannungsfeld

Seit Elisabeth Gehrer für die ÖVP Unterrichtsministerin war, schleppt sich die Diskussion über eine Besoldungsreform für Lehrer dahin. Bis zum heurigen Sommer soll sie endlich unter Dach und Fach gebracht werden. SP-Bildungsministerin Claudia Schmied, VP-Finanzministerin Maria Fekter und SP-Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek werden sich dafür mit den Lehrergewerkschaftern an den Tisch setzen. Wenn es, wie angekündigt, zu einer Einigung vor dem Sommer kommt, wäre sichergestellt, dass das neue System ab dem Schuljahr 2013/14 für allen neue Pädagogen gilt. Die sollen, wenn es nach der Regierung geht, höhere Einstiegsgehälter, aber dafür später flachere Gehaltskurven haben. Außerdem sollen sie künftig länger in der Schule anwesend sein, um Schüler am Nachmittag verstärkt zu unterstützen.

Dienstrecht & Ausbildung

Gebastelt wird auch an der Ausbildung: Noch werden Lehrer für Volks-, Haupt- und Sonderschulen an Pädagogischen Hochschulen ausgebildet, AHS- und BHS-Lehrer hingegen an Universitäten. Künftig soll diese Trennung der Vergangenheit angehören. Dabei gibt es allerdings viele Stolpersteine.

Ein kleiner Schritt hin zur Angleichung wurde bereits gesetzt: Ab Herbst gibt es erstmals auch an Pädagogischen Hochschulen drei Master-Hochschullehrgänge.

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