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Zäsur für Österreichs Schulwesen

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Der 2. September bedeutet für Österreichs Schulwesen einen Einschnitt wie einst die allgemeine Einführung der Hauptschule und die Neuorganisierung der „allgemein bildenden höheren Schule” durch die Schulgesetze von 1962.

Mit dem ersten Septembermontag tritt für alle Zehnjährigen, die nicht ins Gymnasium weitergehen, die Neue Hauptschule mit ihren Leistungsgruppen an die Stelle der alten mit A- und B-Zug.

Daß jedem Kind die ihm entsprechende bestmögliche Schule geboten werden soll, darüber besteht Einigkeit. Es steht zu hoffen, daß die Neue Hauptschule diesem Ideal näher kommt, als die einst ebenso als großer Fortschritt begrüßte alte.

Beweisen wird sie es erst in der Praxis müssen. Denn was in 15 Jahren Schulversuchen in ausgewählten Schulen, mit besonders motivierten Lehrern und verstärkter Förderung als Erfolg verbucht wurde, muß sich nun im „grauen Alltag” bewähren, mit „Normal”-Lehrern und „Nor-mal”-Schülern.

Hier wird sich vor allem zeigen müssen, ob das an sich einleuchtende System des Auf- und Absteigens von einer Leistungsgruppe in die andere in den drei Hauptfächern Deutsch, Fremdsprache und Mathematik auch in der Praxis funktioniert, oder ob nicht aus der dritten Leistungsgruppe sehr bald ein neuer „B-Zug” entsteht, weil sich eben die Niveaus der drei Leistungsgruppen zu schnell auseinanderentwickeln.

Die Neuformung der Hauptschule, ihre inhaltliche Aufwertung, die wenigstens für die besten Schüler auch später noch den Ubertritt in die höhere Schule offen läßt, sollte aber nun auch den Zustrom aller jener zum Gymnasium bremsen, die gar nicht die Absicht besitzen, bis zur Matura in dieser Schulart zu bleiben.

Das Gymnasium hatte seit je die Aufgabe, jenen Kindern und Jugendlichen, deren überdurchschnittliche Begabung schon mit zehn Jahren erkennbar ist, auch eine besondere wissensmäßige und erzieherische Förderung an-gedeihen zu lassen, sie verstärkt zu fordern, um die bestmögliche Leistung aus ihnen herauszuholen. Gerade den Privatschulen erwächst hier eine besondere Verantwortung.

Was Österreich braucht, was alle Demokratien brauchen und nur selten wirklich besitzen, ist eine Führungsschicht von hochbegabten, hochqualifizierten, verantwortungsbewußten und -willigen Menschen auf sicherer ethischer Grundlage.

Besser als „Schüler-Olympiaden” zur Förderung einseitiger Spitzenintelligenzler ist die planmäßige Vorsorge für eine breite Schicht in allen (Schul-)Bereichen besser Ausgebildeter, die dann überall ihren Mann stellen können, wo immer man sie brauchen wird.

Die Grundlage dafür muß in der Mittelschule gelegt werden.

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