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Ein Meisterwerk

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Welche fundamentalen Veränderungen führen zum allmählichen Verfall und letztlich zum Zusammenbruch eines Jahrhunderte hindurch erfolgreichen, die Mehrzahl der Menschen befriedigenden, ja triumphalen politischen Systems? Wird der Zusammenbruch von den Zeitgenossen tatsächlich wahrgenommen?

Die Fragen haben heute für die meisten politisch denkenden Menschen eine bedrängende und beklemmende Aktualität. Das vorliegende Werk eines Professors für Alte Geschichte enthält eine umfangreich dokumentierte, umfassende, zudem auch geistreich formulierte Antwort. Alexander Demandts Buch ist ein Werk von größter Bedeutung.

Der weitgehend modellhafte Prozeß des Untergangs — und der Neugeburt aus dem Alten — wird am Beispiel des Imperium Roma-num dargestellt. Doch der Autor geht noch viele Schritte weiter. Er schildert im umfangreicheren Teil des Buches, wie Roms Ende von den Historikern der folgenden Jahrhunderte bis zu unserer Zeit gedeutet wurde: als scheinbar beweiskräftiges Demonstrationsobjekt ganz verschiedener, einander freilich auch widersprechender Positionen.

Deutungsversuche dieser Art galten für ganze Epochen und Denksysteme als unumstößliches Gemeingut. Sie standen außer Debatte und wurden für politische Entscheidungen bestimmend.

Hier werden sie nun mit wissenschaftlicher Genauigkeit durchleuchtet, als Mittel zur Täuschung und Selbsttäuschung entlarvt und — als Produkte des Bedürfnisses nach einer zweckdienlichen Ideologie — relativiert.

In einem Nachwort stellt der Verfasser die Frage, ob in absehbarer Zeit mit einem Ende Europas zu rechnen sei. Sein Urteil ist nicht allzu düster. Optimistischer äußert er sich allerdings über die Zukunft der eigenen Wissenschaft: „Historie wird weiterhin von der Politik für die Propaganda, vom Publikum für die Freizeit, von der Fachwelt für den Lebensunterhalt benötigt."

DER FALL ROMS. Die Auflösung des römischen Reiches im Urteil der Nachwelt. Von Alexander Demandt. Verlag C. H. Beck, München 1983. 696 Seiten, Ln., öS 1.076,50.

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