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Gewinner: Spekulanten
Zu Ostern jährte sich der Tag, an dem die Münchner die Kombination von U- und S-Bahn zum erstenmal befahren konnten. Was damals als eine Art kommunales Massenspielzeug aus dem Füllhorn Olympias freudig staunend an Empfang genommen wurde, hat sich mittlerweile zu einem intensiv benutzten Alltagsinstrument entwickelt, das niemand mehr missen möchte. Mit dem Münchner Verkehrsverbund steht heute jedem Bewohner der bayrischen Zentralregion ein System von 13 S-Bahn-Linien mit rund 400 Kilometer Streckenlänge, zwei U-Bahn-Linien mit 14,5 Kilometer Länge, 20 innerstädtische Straßenbahnlinien mit 112 Kilometer Streckenlänge, 67 Buslinien mit 290 Kilometer sowie eine große Anzahl von Regionalbuslinien mit rund 540 Kilometer Strek-kenlänge, mit aufeinander abgestimmtem Fahrplan und einheitlichem Billett zur Verfügung.
Immerhin scheinen sich bereits einige Tatbestände herauszukristallisieren. So dürfte unter anderem feststehen, daß die Attraktivität der öffentlichen Verkehrsbetriebe in dem Maße wächst, in dem sie einerseits unter sich selbst integriert und anderseits durch städtebauliche und verkehrsgerechte Regelungen unterstützt werden. Die Münchener Fußgängerzonen, die An-bindung des Olympiageländes und die jetzt wieder ins Gespräch gebrachte Stichlinie zur Theresien-wiese können dafür als Beispiele gelten. Nutznießer des neuen Verkehrssystems waren bisher neben einigen Spekulanten und Geschäf-
ten rings um die Bahnhöfe vor .-ülem die einkommensschwächere Bevölkerungsschicht, deren Arbedtsweg sich um durchschnittlich eine halbe Stunde verkürzt hat. Die Wirkung von U- und S-Bahn offenbart sich auch noch in anderer Weise. Während früher die Neuansiedlung in manchen landschaftlich schönen Vororten eher den Privilegierten vorbehalten war, hat die steil angewach-. sene Bautätigkeit zusammen mit der besseren Verkehrsbedienung dazu geführt, daß jetzt auch Teile der Bevölkerung mit mittlerem oder sogar auch ganz niederem Einkommen aus der Stadt in die Regionen abwandern. ■ ' “
Die staatlichen Behörden sind jedenfalls dabei, den Ausbau der U-und S-Bahn mit aller Energie voranzutreiben. Von der am 1. Juli in Kraft tretenden Erhöhung der Mineralölsteuer um 5 ^Prozent sollen die Mehreinnahmen hauptsächlich für die schienengebundenen Nahverkehrsmittel verwandt werden. Und allein in München wurden für das laufende Haushaltsjahr 580 Millionen Mark zur Vergabe für U-Bahn-Bauten freigegeben — eine Summe, wie sie nie zuvor in einem Jahr zur Verfügung stand. Die bayrische Landeshauptstadt profitiert auch noch in anderer Weise von der nacholympischen Zeit. Wegen der Baisse nach dem Bauboom von 1970 bis 1972 kann sie heute ' den Kilometer U-Bahn mit 65 bis 80 Millionen anstatt der prognostizierten 100 Millionen Mark vergeben.
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