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Umschwung auch in Wien

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Nun ist es also fix: Am 7. Oktober wird die Linie U6 in Wien von Heiligenstadt bis zur Philadelphiabrük- ke, wo somit ein neuer Knotenpunkt des öffentlichen Verkehrs in Wien entstehen wird, eröffnet. Damit wird die Straßenbahnlinie 8 überflüssig und eingestellt. Nachdem auf der ganzen Gürtellinie in den U-Bahn- stationen Liftanlagen eingebaut worden sind, wird die Verbindung in Zukunft mit der U-Bahn nicht nur rascher, sondern auch bequemer sein.

Ebenfalls fix ist die Inbetriebnahme der Linie U3 von Erdberg bis zum Volkstheater im Jahr 1991. Sie soll - was ebenfalls bereits beschlossen ist - bis zum Westbahnhof (wo schon gebaut wird) und später bis Ottakring (mit Anschluß an die Schnellbahn) verlängert werden.

Hier sind allerdings die Termine noch offen. Denn sobald endgültig beschlossen ist, daß die Weltausstellung in Wien auch tatsächlich stattfindet, würde im U-Bahnbau einem anderen Projekt Priorität eingeräumt werden: der Verlängerung der U6 von der Nußdorf erstra- ße zu den Strandbädern an der Alten Donau. Beschlossen ist die Verlängerung der U6 auch in die andere Richtung: von der Philadelphiabrücke bis nach Siebenhirten am südlichen Stadtrand der Hauptstadt.

Die Arbeiten werden so vorangetrieben, daß jährlich eine gleichbleibende Summe von zwei Milliarden Schilling investiert wird.

Es geschieht jedoch nicht nur im U-Bahnbau einiges. Vorangetrieben wird auch die Beschleunigung der Straßenbahn. Leiderist dies in Wien, wie bei den Verkehrsbetrieben bedauernd festgestellt wird, nicht gerade einfach, weil bei der konkreten Verwirklichung von Projekten stets mit massiven Einwänden zu kämpfen ist. Vielfach kommen die Einwände von den Geschäftsleuten, die bei rigoroser Einführung von Halteverboten Umsatzeinbußen und Zulieferungsschwierigkeiten befürchten.

Zwar hatte schon 1979 eine Volksbefragung in Wien eine Mehrheit für den Vorrang des öffentlichen Verkehrs ergeben. Sie wurde aber nicht zuletzt durch Kompetenzschwierigkeiten nicht verwirklicht. Seit der letzten Gemeinderatswahl gibt es jedoch eine neue Geschäftsordnung im Rathaus, die sowohl den öffentlichen als auch den Individualverkehr der Kompetenz von Stadtrat Johann Hatzi zuordnet. Seither ist es einfacher die Priorität des öffentlichen Verkehrs konsequenter zu verwirklichen.

Das hat auch schon Früchte getragen. 1988 wurden 80 Ampeln so eingerichtet, daß sie bei Herannahen einer Tram für diese auf grün schalten (etwa in der Quellenstraße im 10. Bezirk). Vielfach wird dieses Verfahren modifiziert beim Einfahren von Garnituren in Stationen eingesetzt. Dann wird zunächst die Ampel so geschaltet, daß die Passagiere beim Aussteigen den Gehsteig erreichen können (da müssen die Autos ohnedies warten), um nach der voraussichtlichen Abfertigungszeit den Weg für die Straßenbahn freizugeben.

Dadurch wird vor allem erreicht, daß die Straßenbahnen auch in Stoßzeiten ihre Fahrpläne einhalten können.

Vielfach wird eingewendet, daß dadurch der Kfz-Verkehr über Gebühr beeinträchtigt wird. Das muß jedoch keineswegs der Fall sein, wie Beobachtungen an der Kreuzung Währingerstraße-Gürtel zeigen. Hier melden sich herannahende Straßenbahnen bei der Kreuzung, die dann auf grün schaltet, an. Sie melden sich aber nach deren Überquerung auch wieder ab, wodurch sich eine relativ kurze Rotphase für den Querverkehr (auf dem stark frequentierten Gürtel) ergibt. Zählungen zufolge hat dies sogar dazu geführt, daß die Kapazität des Gürtels dadurch sogar um fünf Prozent gestiegen ist. Solche Einrichtungen sind allerdings sehr teuer und können daher nur in einem langfristigen Programm installiert werden.

Relativ schwierig ist es jedoch, bei einem so dichten Netz von öffentlichen Verkehrsmitteln, wie es Wen besitzt, eine Abstimmung der Fahrpläne durchzuführen. Wie sollte eine solche Koordinierung etwa bei der Straßenbahnlinie 5, die 55 Anschlußstellen hat aussehen? Um dennoch zu einer Verbesserung zu kommen, werden die Bus- undTram- linie auf die primären öffentlichen Verkehrsmittel U- und S-Bahn abgestimmt. So wurde etwa in Kagran eine Einrichtung installiert, die bei Herannahen eines U-Bahn- Zuges in die Endstelle Kagran, ein Licht bei den Haltestellen aller Anschlußverkehrsmittel aufleuch- ten läßt und sie zum Warten verpflichtet.

Zeigen diese Maßnahmen positive Folgen? Zweifellos. Wenn auch der große Sprung in der Fahrgastfrequenz in Wien durch die Inbetriebnahme der U-Bahn ausgelöst worden ist und es seither zu einem kontinuierlichen, wenn auch nicht mehr so raschen Anstieg kommt. Den Tiefpunkt der Frequenz ver- zeichnete Wien im Jahr 1974 mit 395 Millionen Fahrgästen. Derzeit liegt der entsprechende Wert bei 596 Millionen. Und es werden etwa

120.0 Jahreskarten verkauft.

Jedenfalls wird dem öffentlichen Verkehr in Zukunft Priorität eingeräumt. Das bedeutet aber auch Verringerung und Verteuerung der Parkmöglichkeiten im Stadtinneren - aber auch härteres Vorgehen gegen Halte- und Parkverbotssünder. Denn im Vergleich zum vielzitierten Beispiel Zürich ist dieDisziplin des Wiener Autofahrers “unterm Hund“.

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