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Madre Patria

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Die Auswandererwelle, die Fran-cos Sieg im Bürgerkrieg nach Lateinamerika strömen ließ, unterschied sich wesentlich von den Flüchtlingen aus dem Dritten Reich, die zur gleichen Zeit vor Hitler flohen. Während die Deutschen zum größten Teil Opfer rassischer Verfolgung waren, bildeten die spanischen Republikaner eine aktive Gruppe politischer Kämpfer.

Nun hatte die spanische Regierung schon unter Franco eine Repatriierungsaktion durchgeführt. Bei dem wirtschaftlichen Abstieg in vielen lateinamerikanischen Ländern und dem gleichzeitigen Aufstieg der „Madre Pätria“, wie die Lateinamerikaner Spanien nennen, machten viele Techniker, aber auch ungelernte Arbeitskräfte Gebrauch von dem Angebot, sich auf Staatskosten in das Land befördern zu lassen, das ihre Heimat oder die Heimat ihrer Väter gewesen war.

Äußerungen aus Madrid lassen vermuten, daß die spanische Monarchie die Emigranten ohne Rücksicht auf ihre politische Vergangenheit zur Rückkehr auffordern wird, unter der Voraussetzung, daß sie keinen Unruhefaktor bilden. Als politische Kraft besteht noch die „Spanische Republikanische Exilregierung“. Ihr Präsident ist der 72jährige Francisco Valera. Ihr gehören drei weitere Minister an, die in Mexiko, Paris und Buenos Aires leben. Die scharfen Gegensätze, wie sie jetzt zwischen Sozialisten und Kommunisten in Portugal zutage treten, bestehen unter den spanischen Republikanern nicht. Nur Mexiko und Jugoslawien unterhielten niemals Beziehungen zu Franco-Spanien und erkannten ausschließlich die Exilregierung an. Es wird vom Grad der Demokratisierung abhängen, ob prominente spanische Republikaner sich in das spanische Staatsleben einfügen lassen. Freie Wahlen werden die Existenzberechtigung der Exilinstitution beseitigen. Die Zahl ihrer „Untertanen“ ist ohnedies zusammengeschrumpft. Von den etwa 20.000 Franco-Flüchtlingen, die in Mexiko Asyl gesucht haben, sollen nur noch etwa 5000 leben. Ihr Durchschnittsalter muß 60 Jahre übersteigen. Die Verpflanzung dieser Generation ist nur in Ausnahmefällen denkbar und hängt vom Grad der Begünstigungen ab, die das neue spanische Regime ihnen gewährt.

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