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Mit Eifersucht, Zorn und Ressentiments...

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• Rivalitäten, die im Laufe der Jahrhunderte immer wieder zu schweren Konflikten zwischen Kambodschanern und Vietnamesen führten, machten Indochina zu einem permanenten Unruheherd der Weltgeschichte. Schon rein äußerlich unterscheiden sich die beiden Völker voneinander: die Kambodschaner sind dunkler und haben ein volleres Gesicht. Dabei herrscht in ganz Südostasien ein rassistisches Denken vor, das sich gegen Völker mit dunklerer Hautfarbe richtet.

Noch entscheidender sind aber die religiösen und kulturellen Unterschiede: Während die Vietnamesen in der Geschichte durch den chinesischen Einfluß geprägtwurden,waren Kambodschaner und Laoten nach Indien ausgerichtet. Der Therava-da-Buddhismus drückte diesen beiden Völkern denn auch den Stempel auf. Anders die Vietnamesen, die vor allem durch den Mahajana-Budd-hismus - eine weniger asketische Form - beeinflußt wurden.

Seine Blüte erlebte Kambodscha unter der Herrschaft der Khmer, die im 6. Jahrhundert das Land erobert hatten. Das Khmer-Reich dehnte sich in dieser Zeit auch auf die benachbarten Gebiete aus, umfaßte Teile des heutigen Thailand, Malaysia und Vietnam. Der Zerfall der Hauptstadt Angkor und damit des Reiches begann um das 13. Jahrhundert mit der Lahmlegung des außerordentlich effizienten und komplizierten Bewässerungssystems, das drei Eruten und damit eine ungeheure Menschenkonzentration im Gebiet von Angkor ermöglicht hatte.

Vietnam war jahrhundertelang entweder ein Satellitenstaat Chinas oder wurde vom großen Nachbarn zumindest dominiert. Vor allem die von den Chinesen importierte Religion und die konfuzianische Arbeitsmoral formten das vietnamesische Volk.

Im 17. Jahrhundert heiratete der kambodschanische König Chei Chet-tha II. eine vietnamesische Prinzessin. Der Preis, den Phnom Penh dafür Vietnam zu zahlen hatte, war die Zusage, daß sich in Hinkunft Vietnamesen rund um das Mekong-Delta bei Saigon niederlassen konnten. Die Unterwanderung Kambodschas durch die Vietnamesenwar damit noch weiter fortgeschritten!

Im 19. Jahrhundert, als der europäische Imperialismus in Südostasien seinen Höhepunkt erreichte, bat der kambodschanische König Ang Doung die Franzosen um Hilfe, das von allen Seiten her bedrohte Königreich zu retten. Die Franzosen erwiesen sich als „gefällig“: 1867 wurde Kambodscha französisches Protektoriat. Das Königreich war gerettet, die Sorgen der Kambodschaner blieben: Ihre Schutzmacht errichtete eine klassische imperialistische Bürokratie, in der die Franzosen selbst die Spitzenpositionen besetzten, für die mittleren und unteren Beamtenposten holten sie sich jedoch die als viel tüchtiger geltenden Vietnamesen nach Phnom Penh. Den emsigen Vietnamesen waren ihre Stellungen in der Bürokratie freilich nicht genug: Sie rissen auch den Kleinhandel und das Gewerbe an sich, wurden, wie das der amerikanische Südostasien-Experte Joseph Zas-loff dem Nachrichtenmagazin „Time“ erklärte, die Vertreter des Kleinbürgertums in Kambodscha schlechthin: „Die bäuerlichen Kambodschaner schauten auf die Vietnamesen mit Eifersucht, Zorn und Ressentiments“.

1954, als die Franzosen die Verwaltung Indochinas aufgeben mußten, lebten rund 250.000 Vietnamesen in Kambodscha. 200.000 von ihnen verjagte Lon Nol - einer der Gründe, die den alten Haß zwischen den beiden Völkern neu aufflammen ließ.

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