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Nur noch die Sippe?

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Kaum sind die Jubelfeiern zur fünfjährigen Machtergreifung des Obersten und jetzigen Vizekönigs, Regierungschefs und mehrfachen Ministers Georg Papadopoulos verrauscht, so sieht sich die armeegedeckte Diktatur in Griechenland mit neuen Problemen konfrontiert, die sie selbst mit ihren nahezu uneingeschränkten Machtmitteln schwer unter Kontrolle bringen kann.

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Kaum sind die Jubelfeiern zur fünfjährigen Machtergreifung des Obersten und jetzigen Vizekönigs, Regierungschefs und mehrfachen Ministers Georg Papadopoulos verrauscht, so sieht sich die armeegedeckte Diktatur in Griechenland mit neuen Problemen konfrontiert, die sie selbst mit ihren nahezu uneingeschränkten Machtmitteln schwer unter Kontrolle bringen kann.

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Nach wie vor i weist das „Nationale Revolutionskabinett“ außer Offizieren, ihren Verwandten und nicht besonders qualifizierten Opportunisten keine einzige Persönlichkeit von Format auf. Anfang Juni soll die Regierung nun schon wieder umgebildet werden. Darunter leidet vor allem die Wirtschaftspolitik, das einzige Ressort, vor dem Papadopoulos nichts zu verstehen zugibt. Dieser ständige Wechsel (erst im Herbst 1971 waren mehrere Minister und Staatssekretäre ausgetauscht worden), führt zu einem ebenso großen Leerlauf im staatlichen Mechanismus wie die Korruption und Schlamperei vor 1967. Athener Zeitungen, die sich immer deutlicher mit ihrer Kritik an die Öffentlichkeit wagen, spielen aber auch mit der Vermutung, daß die neue Umbildung nur auf die Ausbootung der zahlreichen Staatssekretäre des Innenministeriums hinauslaufen werde. Diesem sind seit 1971 im Rang von Lokalgouverneur-Staatssekretären die ehemaligen Revolutionsratsobersten zugeteilt. Sie residieren in den verschiedenen Provinzhauptstädten, wohin sie Papadoupoulos abgeschoben hat, um in Athen ohne ihre meist sehr radikale Interferenz einen maßvolleren Kurs steuern zu können. Nachdem sich Papadopoulos im vergangenen April auch zum Stellvertreter des verbannten Königs Konstantin aufschwingen konnte, will er jetzt vielleicht seine Alleinherrschaft durch einen weiteren Schlag gegen die Machtrivalen total ausbauen.

Schatten Zypern

Beobachter halten den ehemaligen Geheimdienstler aber für schlau genug, sich doch nicht in der gegenwärtigen Situation des Potentials dieser „alten Kämpfer“ zu berauben. Da blieben dann nur die Brüder Konstantin und Charalambos Papadoupoulos sowie die Vettern der weiteren Sippe als Stützen, wenn die immer einigere demokratische Opposition zum Großangriff auf die autoritäre „Ruhe und Ordnung“ starten sollte. Der 1967 von Papadopoulos gestürzte Rechts-Ministerpräsident Kanellopoulos ist in den Jahren erzwungener Muße zum Führer aller demokratischen Kräfte geworden. Die alten Gegensätze zwischen Nationalradikalen, Zentrum, Linkszentrum und weitgehend auch den Kommunisten sind heute überwunden. Ein Aufruf der demokratischen Opposition zu Generalstreik oder passiver Resistenz, eine Aktion in der Provinz, wo das Standrecht aufgehoben ist, oder eine Großkundgebung in Athen könnte für Papadopoulos der Anfang vom Ende seiner Herrlichkeit werden, wenn der Zeitpunkt günstig gewählt ist.

Dazu kommen außenpolitische Rückschläge aus vielen Richtungen. Neben dem Zerwürfnis mit Bundesdeutschland im Gefolge der Mangakis-Limbourg-Affäre sind gerade jetzt die Sanktionen von Europarat und EWG gegen Athen rechtskräftig geworden. Papadopoulos kann demgegenüber auf die massive Unterstützung der USA verweisen, die ihn aber bei Griechenlands traditionellen arabischen Freunden langsam alle Sympathien kostet. Um so beharrlicher sucht der griechische Alleinherrscher in der Zypernfrage auf seine Rechnung zu kommen, wo er bereits den Rücktritt seines erklärten Widersachers, des zypriotischen Außenministers Kyprianou, als Pluspunkt buchen kann. Weitere Erfolge lassen jedoch auf sich warten, und hinter Papadopoulos stehen die drohenden Schatten seiner Vorgänger Papandreou und Stefanopou-los, die einstmals über Zypern zu Fall gekommen sind.

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