6819369-1973_26_07.jpg
Digital In Arbeit

Der Juli-Test

Werbung
Werbung
Werbung

In Hellas trauern die Royalisten. Aus mancher Amtsstube wird das Monarchenbild im Goldrahmen liebevoll nach Hause getragen und im Salon zu den anderen Erinnerungsstücken der guten, alten Zeit gehängt. Die Athener Touristen sind um die Attraktion der königlichen Leibwache im Fustanella-Rock gebracht worden, und auch die griechisch-orthodoxen Gottesdienste sind auf einmal kürzer, seit die Fürbitten für die Herrscherfamilie weggefallen sind. Griechenland hat mit Konstantin II. sicher einiges von seiner Romantik verloren, und auch sonst ist es persönlich schade um den fairen, sportlichen König. Für die nun schon seit 1963 währende innenpolitische griechische Krise jedoch scheint mit der Ausrufung der Republik der Ausweg aus dem Dilemma gekommen zu sein.

Griechenlands in diesem Sommer zehnjährige politische Nöte hatten nach dem Rücktritt des Stabilitätsministerpräsidenten Karamanlis während einer ersten vierjährigen Phase in der mißbräuchlichen Manipulation der parlamentarischen Ordnung durch neun in rascher Folge wechselnde Athener Regierungen gewurzelt. Der Offlziersputsch vom 21. April 1967 hat dann mit den Mißbräuchen, aber auch mit der Ordnung aufgeräumt, was sich von Jahr zu Jahr belastender bemerkbar gemacht hatte. Regimechef Papado-poulos, der in seiner Person alle wichtigen Regierungsämter vereinte, konnte in den sechs Jahren seiner autoritären Herrschaft kein gangbares Konzept für schrittweise Demokratisierung bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung von Kontrollfunktio-nen durch seine „Nationale Revolutionsregierung“ ausfindig machen.

Die Ausrufung der „Hellenischen Republik“ hat ihm jetzt mit deren Präsidentenamt eine sichere, aus der Tagespolitik zurückgezogene Position geschaffen, von er er, unbesorgt um seine im Endeffekt ungefährdete Machtfülle, die Zügel lok-kerer lassen kann. Noch im Juli wird sich Papadopoulos von seinen bereits bei der Volksabstimmung von 1968 gedrillten Ja-Wählern für vorerst sieben Jahre zum Präsidenten wählen lassen. Die dabei gleichzeitig zur Abstimmung kommenden Verfassungsänderungen werden ihm das Recht geben, sich einen passenden Regierungschef, Innen-, Verteidi-gungs- und Außenminister, unabhängig vom Vertrauen des später zu wählenden Parlaments, zu ernennen.

Nicht zu Unrecht haben die demokratischen griechischen Politiker samt König Konstantin daher sofort darauf hingewiesen, daß alle Ja-Stimmen bei dem Juliplebiszit nichts als ein Votum für den Übergang von der Militär- zu einer Präsidialdiktatur bedeuten. Ebenso muß bedenklich stimmen, daß fast alle jetzt für den Ubergang von der Monarchie zur Republik vorgesehenen Verfassungsänderungen mit jenen Punkten identisch sind, die 1968 von den griechischen Metaxas-Faschisten in ihrer Monatsschrift „4. August“ gefordert worden sind.

Dennoch liegen in Athen Anzeichen vor, daß das Regime bei der kommenden Präsidentenwahl und Verfassungsabstimmung vielleicht sogar liberaler als bei dem Referendum von 1968 vorgehen wird, bei dem nur in der Athener Innenstadt ein freies und geheimes Verfahren gewährleistet war.

Zuverlässigen Informationen aus Papadopoulos' Umgebung zufolge, will der Staatschef diesmal an einem wesentlich freieren Wahlvorgang prüfen, ob sich die antiroyalistischen Kräfte Griechenlands jetzt gutwillig vor den Wagen seiner neuen Republik spannen lassen. Sollte das der Fall sein, dann ist bald mit der Gründung einer „papadopoulisti-schen“ Volkspartei mit dem Anstrich eines „hellenischen Sozialismus“ zu rechnen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung