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Kleinere Partei, aber bessere Regierung
Griechenlands Regierungschef Karamanlis hat seine Europareise in Sachen EG-Mitgliedschaft mit gutem Mut durchführen können. Der Vorschlag seines neuen türkischen Amtskollegen Ecevit gibt Grund zu Hoffnungen in der Zypernfrage und dem Streit ums Ägäische Meer mit seinen Inseln und Erdölvorkommen zwischen Athen und Ankara.
Griechenlands Regierungschef Karamanlis hat seine Europareise in Sachen EG-Mitgliedschaft mit gutem Mut durchführen können. Der Vorschlag seines neuen türkischen Amtskollegen Ecevit gibt Grund zu Hoffnungen in der Zypernfrage und dem Streit ums Ägäische Meer mit seinen Inseln und Erdölvorkommen zwischen Athen und Ankara.
Aber auch sonst konnte Karamanlis seiner Hauptstadt in den letzten Januartagen ruhig den Rücken kehren: Die bis nach den Novemberwahlen gespannte innenpolitische Situation hat sich seitdem zugunsten seiner Regierung entschärft, während die Opposition mit ihren enormen Stimmgewinnen so gut wie nichts anzufangen versteht.
Das neue Kabinett Karamanlis, dessen bürgerliche „Neue Demokratie“ ihre Zweidrittelmehrheit verloren hat, in der Athener „Boule“ aber noch immer über die Hälfte der Abgeordneten stellt, steht heute viel besser und fester da, als es die alte Regierung zwischen 1974 und den vorverlegten Wahlen von 1977 tat. Größtenteils ist das auf die Heranziehung junger, unverbrauchter Minister aus den Reihen jener Abgeordneten zurückzuführen, die am 20. November auf der Karamanlisliste besonders viele „Vorrang-Kreuze“ erzielt hatten.
Beim griechischen Wähler ist der persönliche Kontakt zu seinem Mandatar viel stärker ausgeprägt als im übrigen Europa, wo Parteien und Ideologien, nicht so sehr Persönlichkeiten gewählt werden. Die Griechen lassen sich daher selten auf die ihnen von den Parteien vorgelegten Kandidatenlisten ein. Sie streichen nach Herzenslust alle ihnen unsympathischen Männer heraus, was der bisherige Finanzminister und eine ganze Reihe alter Kabinettsmitglieder zu spüren bekamen.
An der Spitze der von den Stimmbürgern durch Kreuze besonders favorisierten Kandidaten geriet hingegen der junge Athener Unternehmer Eberl Sein Alternativprogramm zum Spar- und Steuerkonzept der alten Regierung machte ihn zum meistgewählten Mann der „Neuen Demokratie“ und Karamanlis konnte nicht utn-hin, ihm das Industrieressort anzuvertrauen. Der als wirtschaftlicher Koor-dinationsminister abgewählte Parteistratege Papaligouras zog indesseh ins Außenamt ein.
Im Lager der Oppostion hingegen haben Andreas Papandreous PA-SOK-Sozialisten ihre Wählerschaft schon wieder enttäuscht. Nachdem sie aus der Bedeutungslosigkeit zur zweitstärksten Partei des Landes aufgestiegen sind, hat ihre fast ein Drittel der Spitze kontrollierende Parlamentsfraktion noch kaum von sich reden gemacht Der Parteichef, Sohn des griechischen Altliberalen Georgios Papandreou (gestorben 1968), erschöpft sich in leidenschaftlichen Angriffen gegen die Europäischen Gemeinschaften und das Beitrittsdrängen der Athener Regierung in Brüssel.
Nach den herzlichen und konstruktiven Besuchen des Regierungschefs in Bonn und Brüssel, Paris und London, wird es Papandreou schwer haben, neue Ansatzpunkte für seine Kritik zu finden. Sein zweiter Wahlschlager waren Kriegsdrohungen gegen die damalige Rechtskoalition von Ministerpräsident Demirel in Ankara gewesen. Heute ist dort sein Sozialisten-Bruder Ecevit an der Macht, der sich außerdem zu Frieden und Freundschaft mit Hellas bekannt hat. Also auch in dieser Hinsicht keine zugkräftigen Parolen für den PASOK mehr!
Immerhin ist Andreas Papandreou noch in keiner so schlimmen Lage wie die zweitstärkste oppositionelle Gruppe: In der liberalen Zentrumsunion gehen die vom Rücktritt des Parteichefs Mavros ausgelösten Führungsrivalitäten weiter. Das Dutzend Abgeordnete ist ihres neuen Vorsitzenden Zigdis nicht recht froh geworden und wül ein Dreiergremium an seiner Spitze. Bis zum Parteitag der Liberalen, der irgendwann einmal zwischen Mitte Februar und März stattfinden soll, sind alle politischen Aktivitäten gelähmt.
Ähnlich steht es beim Linksblock, wo sich die Fehden zwischen der eurokommunistischen Mini-Fraktion und der moskautreuen KP überschlagen. Seit den Wahlen an Anhang gewonnen haben eigentlich nur die roya-listischen „Nationalen“. Junge Leute reißen sich die monarchistischen Flugblätter nur so aus der Hand, und Plakate mit dem Porträt von Exkönig Konstantin prangen überall mit dem Text: „Unter ihm war es wirklich besser.“ Dem farblosen Präsidenten, der aus den Militärregime der Jahre 1967 bis 1974 hervorgegangenen „Hellenischen Demokratie“, Tsatsos, gegenüber, wirkt der flotte Glücksburger-Sproß natürlich unendlich besser. Da aber der alternde Karamanlis mit einem Wechsel ins Amt des Staatschefs liebäugelt, haben die Königstreuen ihm gegenüber nicht die geringsten Chancen.
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