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Das Süppchen der Kommunisten

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Dje Kommunisten versuchten sofort, die Regierung Papandreou für ihre überall auf der Welt gleichen Ziele zu gebrauchen. Durch Versetzungen gelang es dem Innenminister, die Königstreue zu mindern, auch im Heer wurde eine geheime Organisation gegründet und der Name des Sohnes von Papandreou mit ihr in Zusammenhang gebracht. Diese Tatsachen beunruhigten den König und die konservative Partei. Man sah in Papandreou einen Wegbereiter des Kommunismus.

Eine Zuspitzung in der Beziehung KÖnig-Papandreou ergab sich, als letzterer, der außer dem Amt des Ministerpräsidenten auch das Ministerium für Erziehung innehatte, verlangte, selbst das Heeresmmi-iterium übernehmen zu wollen. Die

Absicht wurde allgemein verstanden: Papandreous Sohn sollte gedeckt werden und die Geheimorganisation in ihrer Existenz vertuscht werden. Hatte doch Papandreou auf eine diesbezügliche Anfrage eines konservativen Abgeordneten im Parlament erklärt, es sei ihm und seiner Regierung nichts über eine solche Organisation bekannt. Der König nun erkannte die Gefahr für seinen Thron und weigerte sich entschieden.

Da drohte der Ministerpräsident in einer harten Aussprache mit dem König, sein Amt zurückzulegen. Nach Ablehnung seiner Forderung machte er seine Drohung wahr und war sehr überrascht, als er hören mußte, daß der König wenig später den Präsidenten der Akademie der Wissenschaften, Athanasiades Novas, mit der

Regierungsneubildung betraute und dieser annahm. Da appellierte Papandreou an das Volk und bezeichnete Novas als Verräter und als Hofgünstling. Sofort sammelten sich Demonstranten. Daß diese Kundgebungen am gleichen Tag der Angelobung der Regierung Novas stattfanden, spricht für die vorzügliche „Organisation“. Wie erinnerlich, wurden dabei am 16. Juli 110 Verletzte gezählt, als die Polizei, nun durch die neue königsfreundliche Regierung gedeckt, scharf durchgriff. Es darf aber nicht verschwiegen werden, daß seit Papandreou freie Meinungsäußerung herrschte und eine Besserstellung der Arbeiter erfolgt war. So konnten freilich auch die Kommunisten ungestört ihre Propaganda betreiben.

Als durch die gemeinsame Front der Zentrumspartei und der Kommunisten die Regierung nach zwei Wochen gestürzt worden war, fielen etliche Abgeordnete der Zentrumsunion von Papandreou ab. Bei einer Unterredung mit dem König legte Papandreou nur zwei Möglichkeiten vor:

• Entweder würde er mit der Regierungsbildung betraut oder es sollten

• Neuwahlen ausgeschrieben werden.

Beide Vorschläge schienen dem König unannehmbar, und er bemühte sich, als dritte Lösung Mitglieder der Zentrumspartei für eine Regierungsbildung zu finden, die bei der Vertrauensabstimmung im Parlament bestehen könnten. Wie paradox klingt es, daß er sogar den ehemaligen Kommunistenfreund und befehdeten Exinnenminister Tsirimokos mit der Regierungsbildung betraute, der sich aber inzwischen von Papandreou distanziert hat! Aber auch er konnte nicht das Vertrauen des Parlaments erringen. Um so mehr versuchten nun die Kommunisten, dauernd Demonstrationen zu organisieren, indem sie breite Massen der Zentrumspartei einluden, gegen den König Stellung zu nehmen.

Hoffnung auf die „Verräter“

Eine überraschende Wende schien sich im Kronrat abzuzeichnen. Außer dem EDA-Vorsitzenden waren kürzlich dazu alle Vertreter der politischen Kräfte und der griechischen Intelligenz eingeladen, um auf Wunsch des Königs die Möglichkeit einer Koalition zu sondieren. Allgemein, natürlich außer von Papandreou und seinem Anhang, wurde die Ansicht vertreten, daß es nicht möglich sei, innerhalb von 45 Tagen freie und demokratische Wahlen durchzuführen, da sich das Volk erst beruhigen müsse. Diese Frist ist verfassungsmäßig gesetzt, wenn der Regierung vom Parlament das Vertrauen verweigert wird. Es isl nicht allgemein bekannt, daß radikale Elemente einen terrormäßiger] Einfluß auf weite Bevölkerungsteile ausüben und daß die kommunistische „Lambraki“-Organisation bereit ist, jederzeit Demonstrationen in Revolutionen umzuwandeln. Sie hat auch beste Beziehungen zu den Gewerkschaften, die ihrerseits auf die Geschäftsleute einen Druck ausüben. Die Bauern sind eher eingeschüchtert, wenn Propagandatrupps von

Papandreou sie zu beeinflussen suchen. Die „Rechte“ ist vollkommen in der Defensive, und von einer „Mitte“ im •westlichen Sinn zu sprechen, dazu ist es zu spät. Also versucht man im Kronrat eine Front gegen Papandreou zu bilden, denn dann wären die nächsten Wahlen erst nach zwei Jahren fällig. Allen blieb aber vor Staunen der Mund offen, als der neue Vorsitzende der konservativen Partei, der ERE, Kanellopoulos, erklärte, er sei bereit, eine Regierung aus seiner Partei zu bilden und sich mit einer baldigen Abhaltung von Wahlen einverstanden zu erklären. Hatte doch Papandreou wenig vorher zu verstehen gegeben, er werde jede Regierung unterstützen, die innerhalb von zwei bis drei Monaten Neuwahlen durchführe. Das sei seine Konzession. Nachdem sich alle wieder erholt hatten, Papandreou eingeschlossen, deckte Markesinis, der Führer der Fortschrittspartei, die Problematik auf. Innerhalb von zwei Monaten könne es keiner Regierung gelingen, die normale Ordnung und jene Atmosphäre wiederherzustellen, welche für die Abhaltung echter Wahlen notwendig sei. Und schon gar nicht einer Regierung, die gegen ein schweres Vorurteil anzukämpfen hat. Der König war entsetzt, hatte er doch auf eine Koalition gegen Papandreou gehofft und nicht auf ein Abkommen zwischen letzterem und der Konservativen. Zum Glück von Konstantin war Papandreou selbst so überrascht, daß er keine endgültige Zustimmung gab und noch mit seinen Abgeordneten beraten wollte.

Innerhalb von achtundvierzig Stunden wollte er sie geben. Inzwischen versammelte Kanelopoulos seine Mannschaft, um von ihnen Lob zu hören, daß die Partei an die Regierung komme. Statt dessen erntete er Tadel von allen Seiten, da die Regierungszeit nur im Zeichen der Gegenpropaganda und des Wahlkampfes stehe. In dieser kurzen Regierungszeit sei es unmöglich, eine Stabilität im Lande zu schaffen, denn sowohl die Wirtschaft als auch die öffentliche Ordnung können erst langsam wieder zur Normalität gelangen. So wurde der Vorschlag abgelehnt, während Papandreou, wie vorauszusehen war, schon vorher freudestrahlend seine Zustimmung gab, er hatte nur die baldige Wahl im Auge. Konstantin aber war erleichtert, hätte er doch nichts dagegen machen können, wenn Papandreou schon im Kronrat seine Zustimmung gegeben hätte. Unter diesen Umständen ist Markesinis zu einer Schlüsselfigur geworden. Obwohl selbst nur mit acht Mamm im Parlament vertreten, steigert er seine Aktivität, alle bürgerlichen Kräfte zu vereinigen. Auch er hofft, daß zu den 36 von Papandreou abgefallenen „Verrätern“ noch einige dazu kommen, um eine bürgerliche Regierung durchzubringen...

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