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Klarer Sieg für „Kostas’

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In der griechischen Hauptstadt, wo man schon heute zu einem würdigen Gedenken des November-1973-Aufstandes der Athener Technikstudenten rüstet, die jetzt als Vorkämpfer der heutigen Freiheit gefeiert werden, steht nunmehr fest, daß Parlamentswahlen noch vor dem Jahrestag der Panzerschlacht um das Polytechnikum stattfinden. Der Chef der demokratischen Übergangsregierung, der Konservative Konstantinos Karamanlis, scheint die noch zur Septembermitte geäußerten Bedenken seiner liberalen und sozialdemokratischen Koalitionsgegner gegen einen raschen Wahlgang durch seinen Hinweis auf die katastrophalen wirtschaftlichen Folgen einer verzögerten Rückkehr zum Parlamentarismus und der sich aus ihr ergebenden Weiteren Aussetzung bestimmter Unterstützungen durch die EG gebrochen zu haben.

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In der griechischen Hauptstadt, wo man schon heute zu einem würdigen Gedenken des November-1973-Aufstandes der Athener Technikstudenten rüstet, die jetzt als Vorkämpfer der heutigen Freiheit gefeiert werden, steht nunmehr fest, daß Parlamentswahlen noch vor dem Jahrestag der Panzerschlacht um das Polytechnikum stattfinden. Der Chef der demokratischen Übergangsregierung, der Konservative Konstantinos Karamanlis, scheint die noch zur Septembermitte geäußerten Bedenken seiner liberalen und sozialdemokratischen Koalitionsgegner gegen einen raschen Wahlgang durch seinen Hinweis auf die katastrophalen wirtschaftlichen Folgen einer verzögerten Rückkehr zum Parlamentarismus und der sich aus ihr ergebenden Weiteren Aussetzung bestimmter Unterstützungen durch die EG gebrochen zu haben.

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Gegen einen Umengang der Griechen in diesem Jahr, dem ersten seit 1964, sprechen sich seltsamerweise nur noch jene politischen Gruppierungen aus, die während der siebenjährigen Militärdiktatur am lautesten um Demokratie gerufen hatten: Die Linkssozialisten des Andreas Papandreou und die griechische K mit ihren verschiedenen Tarnorganisationen!

Beide Linksströmungen verlangen statt Wahlen ihre sofortige Beteiligung an der Ubergangsregierung Karamanlis, wovon sich sowohl. Papandreou wie der Führer des KP-gesteuerten „Linksblocks’ (EDA), Elias Iliou, eine Stärkung ihrer unter der Junta im Zeichen’ des „Antifaschismus’ angeschwollenen, aber seit der Demokratisierung in diesem Jul} sofort wieder zusammengeschrumpften Anhängerschaft erhoffen. Die griechischen Kommunisten sind außerdem im Augenblick neben der EDA in eine auf rumänischem Kurs liegenden „Inlands-KP’ und einen „Internationalen’ Flügel der Moskauhörigen gespalten. Das sei August wiedererscheinende Parteiorgan „Avghi’ (Morgenröte) hat sich allen drei Gruppierungen zur Verfügung gestellt. Das ergibt oft komische Gegenüberstellungen, wenn etwa links im Blatt der „internationale’ KP-Sekretär Florakis wider Miet- und Grundstückwucher zu Feld zieht, während auf der rechten Sei die Inlands-KP mit ihren Beratungsstellen für den kleinen Mann „Inflationssicherung dank Bodenspekulation’ anpreist. Die EDA bietet sich gar als Sammelbecken für Kollaborateure des Militärregimes an, worin ihr nur von einer anderen politischen Gruppe, dem ansonsten monarchistisch getönten „Liberal-demokratischen Zentrum’ Konkurrenz gemacht wird. Diese „Liberal-Demo- kraten’ hatten sich dem Papadopou- los-Regime gegenüber wohlwollend verhalten, solange dieses nicht den Thron antastete und im Juni 1973 die „Hellenische Demokratie’ ausrief. Diese Bewegung der „Ehemaligen’ darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Sie stützt sich auf die große Zahl der jetzt entlassenen Beamten, Polizisten und Offiziere, die der dem Militärregime verbundenen Tageszeitung „Elevtheros Kosmos’ (Freie Welt) auch heute eine stattliche Leserschaft sichern. Sogar eine politische Wochenschrift „Stochasmos’, die „zum Herzblatt rechtschaffener Griechen’ . werden will, kann seit Ende September erscheinen.

Die Schwäche des traditionellen griechischen Linksblocks einschließlich der auf der Rutschbahn von der linken Mitte zum Mao-Look befindlichen „Panhellenischen Sozialisten’ des Andreas Papandreou, der mit diesem „Allgriechisch’. ein besonderes Eintreten für die Zyperngriechen suggerieren will, dürfte aber zum ersten Mal in der neugriechischen Geschichte einer echt sozialdemokratischen Partei zugute kommen. Diese wird von den Ministern Pezmazoglou, Mangakis und Protopapas geführt, die unter dem Militärregime alle schlimmsten Haftbedingungen, ja sogar Folter und Bastonade unterworfen waren. Unter dem Slogan „Widerstandskämpfer wählen sozialistisch’ kann sich ihre „Sozialdemokratische Union’ gute Hoffnungen auf die 20 Prozent Wählerstimmen machen, die 1964 in Ermangelung einer gemäßigten Linken den Kommunisten zugefallen waren. Das wäre nur im Interesse der innenpolitischen Stabilität, und Karamanlis scheint genau gewußt zu haben, weshalb er die bisher kleine sozialistische Splittergruppe durch Einräumung des Wirtschafts-, Arbeits- und Bautenministeriums groß aufgebäut hat.

Karamanlis selbst kann nicht nur mit dem bürgerlichen Lager, dank dessen Vertrauen er schon einmal Hellas von 1956 bis 1963 gesegnete Jahre beschert hat, rechnen. Von der liberalen Mitte und selbst von Linksaußen, woher der Ex-Kommunist und als Komponist bekanntere Mi- kis Theodorakis zu ihm gestoßen ist, fliegen Karamanlis Sympathien zu, die erste Athener Schätzungen mit einer 70-Prozent-Mehrheit aller Stimmen für den populären „Kostas’ rechnen läßt. Ursprünglich sollte eine Volksabstimmung über die Heimkehr König Konstantins oder die Beibehaltung der, republikanischen Staatsform den Parlamentswahlen vorausgehen. Das hätte jedoch mit aller Wahrscheinlichkeit zu einer Spaltung des bürgerlichen Lagers geführt. So sprechen alle Anzeichen dafür, daß das neue Parlament noch vor Jahresende selbst die Entscheidung über die Zukunft des Königs fällen wird.

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