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Digital In Arbeit

Profiliert, aber kaum populär

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Auf der ganzen eurokommunistischen Szene stellt Griechenland in jeder Hinsicht einen Ausnahmefall dar: Während in den starken kommunistischen Parteien von Italien, Frankreich und Spanien die liberaleren, fast schon prowestlichen Kräfte den Ton angeben und nur die erzproletarischen Außenseiter einer DKP, KPÖ oder schweizerischen „Partei der Arbeit“ nach wie vor am Moskauer Gängelband ziehen, gibt es in Hellas längst keine einheitliche kommunistische Bewegung mehr.

Die griechischen Marxisten sind in Kreml-Kommunisten und Eurokommunisten gespalten, wobei jedoch die hellenischen Moskowiter an Mitgliedern und Wählerstimmen die überwältigende Mehrheit stellen: Während die sowjetophilen Kommunisten im derzeitigen Athener Parlament die drittgrößte Fraktion nach der Regierungspartei „Nea Demokratia“ und der sozialistischen Opposition des PASOK stellen, hat die euro-kommunistische „Symmachia“ (Allianz) bei den letzten Wahlen für die „Boule“ am 20. November 1977 nur ihre beiden Spitzenkandidaten Kyrkos und Iliou durchgebracht. Dabei hätte es sich bei ihnen um die prominentesten griechischen Kommunisten gehandelt, die aber ohne Unterstützung der moskautreuen Kader beinahe nicht einmal mehr in die Volksvertretung gekommen wären. Ihre Wahl kam nur dank der Stimmen der mit ihnen gekoppelten Linksliberalen des international bekannten Strafrechtlers Mangakis zustande, der selbst im Wettlauf um die Wählergunst auf der Strecke blieb.

So ist die Schwäche der personell so starken und geistig-ideologisch führenden Eurokommunisten von Hellas die Probe aufs Exempel, daß in jeder KP der Parteiapparat allmächtig und die jeweiligen Führer nur Eintagsfliegen sind.

Die ganze Entwicklung ist umso trister, als in Griechenland ursprünglich die Eurokommunisten den Ton angegeben hatten, und das zu einer Zeit, als das Schlagwort in anderen europäischen Staaten und KP's noch nicht einmal bekannt oder mindestens sehr anrüchig war. Das eurokommunistische „Kommunistikon Komma Esote-rikou“ (Inlands-KP) hatte schon 1948 bei Gelegenheit des Bruches zwischen Tito und Stalin die Moskauer Vormundschaft abgeschüttelt, worauf die sowjettreue griechische KP (Kommunistikon Komma Exoterikou - Aus-lands-KP) ein Vierteljahrhundert lang auf Diskussionsklubs von Emigranten in Moskau, Bukarest, Prag, Budapest und Ost-Berlin reduziert blieb.

Mit Linkssozialisten und Radikalen schlössen sich die Eurokommunisten daher in den fünfziger Jahren zur „Griechischen Demokratischen Linken (EDA) zusammen. Sie war die stärkste Oppositionspartei des Landes während der ersten (1956 bis 1963) Regierungsperiode des heute wieder im Amt befindlichen konservativen Regierungschefs Konstantinos Kara-manlis. Die EDA ermöglichte 1964 durch Verzicht auf die Aufstellung vieler Gegenkandidaten den Wahlsieg des Liberalen Georgios Papandreou über die Konservativen, spielte aber auch unter den rechtsliberalen Minderheitsregierungen der Jahre 1965/66 eine konstruktive Rolle.

1967 bereiteten die Eurokommunisten gemeinsam mit Konservativen und Liberalen die Neuwahlen vor, durch die Griechenland aus seiner permanenten politischen Krise herausgeführt werden sollte: Doch schlugen in der Nacht auf den 21. April 1967 die Obristen der Militärjunta zu, die Hellas für,, die. nächsten sieben Jahre, regieren sollten. Schon am 1. Mai 1967 wurde die EDA verboten, ihre Führer wanderten in das Insel-KZ von Gyaros, aus dem viele nicht mehr lebend zurückkehrten. Im Widerstand verwischten sich die alten Gegensätze zwischen den beiden kommunistischen Strömungen, die dann auch bei Wiederherstellung der Demokratie im Juli 1974 wieder gemeinsam auftraten. Diese Gemeinschaft ging jedoch zu Lasten der EDA und des KK Esoterikou aus. Als sie sich endlich wieder von Moskau absetzten, war es schon zu spät!

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