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Die kommunistische Partei Griechenlands ist verboten, und ihre Führung befindet sich im Ausland, in Rumänien, von wo sie mittels eines Radiosenders ihre ideologische Hauptpropaganda allstündlich nach Griechenland aussendet. Gleichzeitig aber besitzt die KPG in Griechenland eine voll-legale Wahlpartei mit Namen EDA (Enosis Demokratikes Aristeras — Demokratische Linkskoalition), die bei den letzten Wahlen 939.000 Stimmen

— 24,4 Prozent der Gesamtwählerschaft — und 79 der insgesamt 300 Parlamentssitze gewonnen hat. Jeder Mensch im Lande weiß, daß die EDA die Kommunisten sind, mehr noch, beim letzten Parteitag der EDA wurde deren Statut ganz offen als ein kommunistisches mit allem, was dazugehört — „demokratischer Zentralismus" und so weiter —, etabliert. Natürlich sind nicht alle der 939.000 EDA-Wähler Kommunisten. Man nimmt an, daß nicht mehr al&ilö'bis nd- T D nqeh j s eine etwas seltsame Lage. Wie ist es dazu gekommen?

Trotz der wahrlich genug schwankenden politischen Verhältnisse in Griechenland (seit 1832 eine immer wieder wie ein Schachtelmännchen hervorspringende Monarchie, die ein dutzendmal von der Republik hinuntergedrängt wurde und dennoch bis heute immer wieder heraufkam) gelang es der KPG seit ihrer Entstehung nach dem ersten Weltkrieg erst 1936, aus ihrer Sektenexistenz herauszukommen. Sie verdankte das der damals von der Komintern international verschriebenen Volksfronttaktik, welche die KPG allerdings nicht wie andere kommunistische Parteien legal-parlamentarisch auffaßte, sondern flugs dazu benützte, um binnen weniger Wochen Massenstreiks und schließlich einen Aufstand gegen die Militärdiktatur des Generals Metaxas zu führen. Der Aufstand wurde blutig unterdrückt, die KPG wieder in die Illegalität gejagt und Metaxas erst 1941 von der deutschen Besatzung abgelöst.

Schonung gegen Maschinenpistolen

Die Besatzungszeit verschaffte der KPG wieder eine Volksfrontbasis: die Widerstandsbewegung der EAM. Leider bedeutete diese Periode durchaus nicht wie in anderen Ländern das Ende der inneren Gegensätze. Der EAM stand als Rivalin die Widerstandsbewegung der Monarchisten, die von General Zervas geführte EDES, gegenüber. Beide Lager kämpften zeitweise viel heftiger gegeneinander als gegen die Deutschen und Italiener. Die EAM nimmt für jene Zeit die Zahl von 40.000 getöteten „Kollaborateuren in Anspruch, eine Zahl, die durch ihre Höhe eher annehmen läßt, daß es sich dabei vielfach lediglich um innerpolitische griechische Gegner gehandelt hat. Umgekehrt wird der EAM bis heute von ihren Gegnern Kollaboration mit den Bulgaren und Deutschen während des Krieges vorgeworfen — mit den Letztgenannten soll es ein richtiges Arrangement gegeben haben, wonach diese bei Kriegsende gegen Überlassung von Waffen kampflos abziehen konnten.

Das Aushängeschild

Im März 1944 standen einander zwei griechische Regierungen gegenüber: der von der EAM gegründete

„Politische Ausschuß der Nationalen Befreiung“ im Lande und die monarchistische Exilregierung in Kairo, die jedoch gleichfalls durchaus nicht eine Schattenregierung der Briten war, sondern deren Gebirgsbataillone wesentliche Leistungen an der Seite der Alliierten im Mittleren Osten und im griechischen Raum vollbracht hatten. Bei der Zusammenkunft in Teheran hatte Stalin Churchill zugesagt, daß Griechenland dem Westen zugehörig ' bleiben. W&räe.- :DėiheiIfšprethė?mr'wur- '■ den damals- die Delegierten der KPG auf ėiner Kofifefeflt' im' Libänön''ädilf verhalten, einen Kompromiß mit der Exilregierung zu schließen, der den Eintritt von EAM-Ministern in ein nationales Kabinett vorsah. Über die Frage der Monarchie sollte nach dem Krieg durch eine Volksabstimmung entschieden werden. Natürlich wollte es sich aber keine der beiden Parteien nehmen lassen, bis dahin im Land Voraussetzungen für einen ihr günstigen Ausgang der Abstimmung zu schaffen. Die Kommunisten weigerten sich, die Autorität des Regierungschefs Papandreou anzuerkennen, traten aus der Regierung aus und hofften, mit allen Mitteln den Beschluß von Teheran rückgängig zu machen und Griechenland in den Verein kommunistischer Länder überzuführen. Entsprechend griechischen Traditionen wurde der Kampf von beiden Seiten mit größter Erbitterung geführt, mit der Ermordung von Geiseln, Ausrottung vieler Dörfer und dem Ruin ganzer Landstriche. Verschärft wurde der Bürgerkrieg durch die Beteiligung und Hilfe ausländischer Mächte — Großbritannien und später die USA zugunsten der Konservativen — und Bulgarien, Albanien, die Russen und — bis zu ihrem Austritt aus dem Ostblock — die Jugoslawen zugunsten der KPG. Es war schließlich auch der Wegfall der jugoslawischen Grenzgebiete — auf welche die kommunistischen griechischen Partisanen sich immer wieder zurückgezogen hatten und wo sie sich reorganisieren konnten —, der sie zur Einstellung des Bürgerkrieges zwang. Er hatte das Land 110.000 Tote, noch mehr Verwundete, 70.000 Exilierte (darunter 28.000 Kinder) und vier Milliarden Dollar an Sachschäden gekostet. Im Oktober 1949, auf der Plenartagung der KPG im albanischen Boureli, wurde dann beschlossen, „den Kampf nunmehr mit politischen Mitteln fortzusetzen und die ganze Kraft der politischen und wirtschaftlichen Massenaktion zuzuwenden“. Das war leichter gesagt als getan. Die KP hatte sich durch den Bürgerkrieg nicht nur selber zur Illegalität verdammt, sondern auch die Sympathien weiter Kreise, die sie während der deutschen Besetzung gewonnen hatte, eingebüßt.

Einer der im Land verbliebenen Füh- i rer, P 1 u m b i d e s, wurde beauftragt,

eine neue Volksfront zustande zu bringen. Er setzte sich mit einer Anzahl kleinerer Parteien (an denen es nie in Griechenland mangelt) in Verbindung, versprach ihnen das Blaue vom Himmel und vor allem Parlamentssitze, die sie allein niemals zu gewinnen eine Chance hatten, und schloß mit ihnen das Wahlbündnis der „Demokratischen Front“ ab. Bei den Wahlen im März erhielt die Front 156.872 Stimmen — 10 Prozent der Gesamtwählerschaft — und 22 Mandate. Die Front brach auseinander, als die KPG ihre Partner nun auf einen kommunistischen Kurs festlegenwollte. Aber die KP hatte nun auch ihre Leute im Parlament, sie hatte sich legalisiert und den gewünschten Ansatz gefunden. Damit ausgerüstet, bildete sie eine neue Partei, die „Demokratische Union“, die sich auf Grund eines Minimalprogramms mit einer Reihe von Oppositionsparteien zur EDA verschmolz. Es waren das die Linksliberale Partei, die Radikale Partei, eine Parteigruppe von Linksdemokraten und die praktisch nichtexistente Sozialistische Partei, deren Führer, J. P a s s a 1 i d i s, jedoch zum Aus hängeschild der EDA wurde. Passalidis ist ein alter russischer Menschewik, ehemaliger Führer der von den Bolschewik! im Bürgerkrieg vernichteten SP von S u c h u m. Passalidis nimmt den Ehrenposten des Vorsitzenden der EDA ein, die tatsächlichen Führer sind aber die Kaderkommunisten E 1 i o u und B r i 11 a k i s sowie E p h r i m i d i s.

Da die konservative Rechte, Kara- m a n 1 i s’ Nationalradikale Union ERE, sich stark genug fühlte, allein in die Wahl zu gehen und dabei tatsächlich 1956 172 von 300 vorhandenen Sitzen errang, glaubten die Parteien des Zentrums, auf keinem anderen Weg als dem der EDA ins Parlament gelangen zu können. Tatsächlich wurde die EDA zur zweitstärksten Partei und P arlamentsfraktion.

Seither ist bei den nichtkommunistischen Parteien der EDA einige Ernüchterung eingetreten, da die kommunistische Führung insbesondere außenpolitisch eine rein sowjetische Linie bezog. Im Februar haben sich denn auch die Agrarpartei Balta t s i s’, der von Papandreou geführte Teil der Liberal-Demokraten und die „Neue Politische Bewegung“ zum „Demokratischen Zentrum“ ohne KP zusammengeschlossen. Sie stellen derzeit im Parlament mit 19 Abgeordneten die drittstärkste Fraktion dar.

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