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Hellas auf neuen Wegen

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In Athen ist letzte Woche nach ihrer letzten Endes doch eher . überraschenden Wahlniederlage vom 18. Oktober die konservative Regierung unter Georgios Rhallis zurückgetreten. Die Überraschung lag weniger beim Absinken des Stimmenanteils seiner „Neuen Demokratie" auf 36 Prozent (die Wahlprognosen hatten sich noch tiefer bewegt) als bei Ausschaltung aller bisher im Parlament vertretenen Mini-Parteien des liberalen Zentrums zugunsten von Andreas Papandreous sozial-liberalem PASOK. Die Sozialisten kletterten damit auf fast 48 Prozent und mit Hilfe des griechischen Wahlsystems der „verstärkten Analogie" auf die starke Mehrheit von 174 Sitzen - genau so viele, wie die Konservativen in den Wahlen vom November 1977 errungen hatten.

Dem langjährigen Führer der „Neuen Demokratie" und heutigem Staatsoberhaupt Konstantinos Karamanlis ist daher gar nichts anderes übriggeblieben, als seinen alten Widersacher Andreas Papandreou, mit dessen Vater Georgios er schon vor Jahrzehnten in Fehde gelegen war, mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Die erhofften Koalitionspartner, mit denen sich Rhallis weiter über Wasser halten wollte, Liberale, Demokratisches Zentrum und Sozialdemokraten, sind nämlich alle abgewählt worden.

Mit der äußersten Rechten von Anhängern König Konstantins II. wie der 1974 beendeten Militärdiktatur hatte sich die Neue Demokratie schon vor den Wahlen verbündet. Das belastete sie in den Augen vieler Liberaler oder überzeugter Demokraten, die so zu Papandreou abwanderten.

Die Royalisten dürften zwar brav für Rhallis gestimmt haben, der ohne sie mit nur 30 Prozent hatte rechnen dürfen - die No-stalgiker der „nationalen Herrschaft" von 1967 bis 1974 gaben ihre Stimmen jedoch auf das Verlustkonto der „Fortschrittspartei" von Spyros Markezinis, Regierungschef der Obristen im Herbst 1973.

Umgekehrt kam Papandreous Durchbruch im bürgerlich-liberalen Lager hauptsächlich dank seinem Zusammenschluß mit dem viel gemäßigteren Georgios Mavros zustande.

Dieser hatte die „Zentrumsunion" von Papandreou sen. nach dessen Tod bis zu ihrem Absinken

zur überdies zersplitterten Kleinstpartei beim Urnengang vor vier Jahren geführt. Seine Präsenz an der Seite des antiwestlichen, antieuropäischen und anti-freiwirtschaftlichen Papandreou jun. ist eine gewisse Garantie dafür, daß die sehr pessimistische Prognose des gestürzten Rhallis für Griechenlands weitere Zukunft doch nicht so düster aussehen dürfte.

Andreas Papandreou hat sich in, seinen ersten öffentlichen Erklärungen nach dem Wahlsieg auch viel vernünftiger und zurückhaltender als in der Hitze des Kampfes um jede Stimme und als Oppositionsführer der letzten Jahre ausgesprochen. Unter dem Jubel der Athener, die zunächst immer für jeden „Wandel" zu haben sind, verkündete er vom Balkon des

traditionellen Familiensitzes im Villenvorort Kastri diese „Alla-gi".

Inwieweit der „Wandel" tatsächlich nun den Auszug aus der NATO, Austritt aus den EG und Hinauswurf der amerikanischen Stützpunkte aus Hellas zugunsten einer neutralistischen Politik mit engem Anschluß an seinen libyschen Freund Gaddafi beinhalten wird, ließ Griechenlands designierter Regierungschef unausgesprochen.

Außerdem braucht Papandreou für solche Schritte im Falle der EG eine Volksabstimmung und sonst eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Zwar werden die Kommunisten, die zweite große Gewinner dieser denkwürdigen griechischen Wahl sind, überall eisern mitziehen, wo es gegen die Amerikaner und sonstigen westlichen Interessen geht. Immerhin sind der „Neuen Demokratie" aber III Abgeordnete verblieben, die einen Riegel vor Papandreous größte Torheiten schieben dürften.

Seine sozialistische Regierung wird sich daher — wenn sie gut beraten ist - auf das wirklich populäre Feld sozialer Reformen und finanzieller Erleichterungen für den „kleinen Mann" stürzen und die geplanten außenpolitischen Abenteuer zunächst einmal auf die lange Bank schieben.

Sollte Andreas Papandreou hingegen den umgekehrten Weg einschlagen, dann könnte sich an ihm das Schicksal seines Vaters wiederholen: Spaltungen in den eigenen Reihen und Drohungen einer militärischen Intervention, weil der Westen auf Hellas einfach nicht verzichten zu können glaubt.

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