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Der großgriechische Traum

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Griechenland ist das eigentliche Opfer der Zypemkrise. Papandreou hatte als Mäßiger gegolten, von dem man eine feste Politik gegenüber den kompliziert-zielstrebigen Forderungen Makarios' erwartete. Nach zwei zögernden Wochen äußerte sich der Premier in einer Radioansprache am 1. März zu dem Thema. Den griechischen Zyprioten wurde bedingungslose Unterstützung versprochen. Die Athener Gazetten jubelten auf: endlich einige Front Griechenland-Zypern! Also war es dem streitbaren Erzbischof gelungen, das Gesetz des Handelns an sich zu reißen. Papandreou hatte sich gegenüber dem emotionellen Druck von innen und außen nachgiebig erwiesen. Die Wendung „Die griechische Regierung gewährt dem gerechten Kampf des zypriotischen Hellenismus rückhaltslose Unterstützung“ legte dar, daß die Verträge von 1960 aufgegeben worden waren. König Konstantin, der am 23. März vor dem Parlament in Anwesenheit des Erzbischofs von Athen seinen Eid wiederholte, identifizierte sich in der Thronrede mit dem Premier: „Die Nation teilt die Leiden und Kämpfe der Griechen auf Zypern.“ Dieser persönliche Erfolg des republikanischen Premiers konnte jedoch die innenpolitische Schlappe nicht vergessen machen, die er anläßlich der Wahl des Kammervorsitzenden erlitten hatte. Papandreou forcierte dde Kandidatur des farblosen G. A. Novas, worauf 33 Abgeordnete des linken Flügels der Zentrumsunion meuterten, was die absolute Mehrheit zur Illusion macht. Der vergrämte Papandreou schloß die Rädelsführer. Tsirimokos und Papapolitis, aus der Partei aus und drohte mit Neuwahlen, falls sich der linke Flügel weiterhin ungefügig zeigen sollte.

Inzwischen ist die Ausführung der Programme in Verzug geraten. Die fortgeführte Denunzierung der Karamanlis-Ära ist keine konstruktive Maßnahme. Am 31. März wiederholte Papandreou vor dem neuen Parlament sein Regierungsprogramm, das von jenem des 20. Dezember nur geringfügig abweicht. Einige Details sind neu und interessant: Alle Bürgerkriegsgefangenen, deren Zahl im vergangenen Sommer noch 600 betragen hat, werden bedingt freigelassen. Loyalitätserklärungen sollen auf öffentliche Bedienstete eingeschränkt werden. Das Verted-digungsbudget erfährt eine Kürzung um 230 Millionen Drachmen. Zur Außenpolitik äußerte sich der Premier mit der ausweichenden Formel: Wir sind Verbündete des Westens, wollen aber auch Freunde des Ostens sein. Da auf Zypern inzwischen der UN-Mechanismus schwerfällig in Bewegung gekommen war, konnte In dieser Frage Zurückhaltung geübt werden.

Wieder bestach die blendende Rhetorik des Sechsundsiebzig-jährigen, welche sich zwischen der Denunzierung Karamanlis' und eigener Mysttftzierung bewegt. Doch über konstruktive Details ist wenig zu erfahren. Die Versäumnisse der letzten Jahre sollen aufgeholt werden, wobei Papandreou ein ausgeglichenes Budget verspricht. Doch die antiwestlichen Eskapaden könnten auf Exportquoten und Kredite eine gewisse Rückwirkung zeitigen und ein ungünstiges Investitionsklima schaffen.

Selten endeten politische Flitterwochen so plötzlich. Niemand hatta sich Wunder erwartet Doch die Griechen hofften und hoffen auf rasche und spürbare Besserung ihrer Existenz. Aufstrebende, noch gestaltlose Faktoren in der Provinz warten auf Formung. Hier böte sich Papandreou ein beglückendes Betätigungsfeld. Doch Intransigenz ist nicht Stärke. Ostererwartung und Auferstehungsfreuden sind gedämpft worden. Die absurde Drohung nochmaliger Neuwahlen kann den komplexen Problemen des Landes nicht gerecht werden. Auch Griechen könnten der Auferstehungsfeiern müde werden, zumal inzwischen das eigentliche Osterfest begangen worden ist

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