6819882-1973_29_07.jpg
Digital In Arbeit

Nichts Neues in Hellas

Werbung
Werbung
Werbung

Mit König Konstantin und seiner schon in den letzten wirren Jahren tapfer an seiner Seite streitenden Dänenprinzessin Anna Maria ist wieder einmal ein griechisches Monarchenpaar vom Thron gestoßen worden: 1917, 1922, 1925, 1941 und um ein Haar auch 1944 hat Konstantins Vorfahren und Vorgänger schon dasselbe Schicksal ereilt. Die 1863 nach Griechenland verpflanzte schleswigholsteinische Dynastie der Glücksburger war aber nicht unterzukriegen. Auf die Dauer haben sich ihre zähen Bemühungen um Rückkehr aus Exil und Verbannung immer stärker gezeigt als die kurzlebigen Diktaturen und Republiken, die niemals so demokratisch wie das vor mehr als 100 Jahren liberal konzipierte „Königreich der Hellenen“ zu sein vermochten. Anderseits ist die Geschichte der Glücksburger im Athener Königspalast für Konstantin auch eine Belastung: Sind sie im Grunde doch immer eine land- und volksfremde, in den hellenischen

Überlieferungen nicht verwurzelte Dynastie geblieben.

Das griechische Königshaus hätte wohl schon längst das Schicksal der anderen Balkanmonarchen ereilt, wenn sich die Glücksburger nicht durch Charakterstärke, Unbestechlichkeit und ehrenhaften Lebenswandel ausgezeichnet hätten. Orthodoxe Kirchenkreise bedauern es außerdem, daß die Ostkirche jetzt in Konstantin nach den Zaren von Rußland und Bulgarien ihr letztes gekröntes Haupt verloren hat.

Griechenlands erstem Herrscher aus dem Hause Glücksburg, dem von 1863 bis 1913 regierenden Georg I., blieb das Los der Abdankung und Vertreibung nur deshalb erspart, weil er „rechtzeitig“ ermordet wurde. Zwischen seinem Nachfolger Konstantin I. und Venizelos erreichte die Krise einen Höhepunkt. Die innenpolitischen Differenzen zwischen dem Palast und dem Büro des liberalen Ministerpräsidenten wurden beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges durch außenpolitische Gegensätze vertieft: Wollte Venizelos auf Seiten der Entente in den Krieg eintreten, so befürwortete der mit einer preußischen Prinzessin verheiratete König die Mittelmächte, oder zumindest strikte griechische Neutralität. Konstantin I. mußte 1917 abdanken und sein Bruder Alexander erwies sich als ein williger Erfüllungshelfer der Venizelisten. Er starb 1920 durch den Biß eines zahmen Affen. Inzwischen galt König Konstantin I. nicht mehr durch seine Beziehungen zum Deutschen Kaiserreich belastet, und Venizelos wollte den noch als Kronprinz in den Balkankriegen siegreichen Heerführer bei der geplanten Invasion ins besiegte Türkische Reich auf seiner Seite wissen. Konstantin konnte auf den Thron zurückkehren, doch machte seiner zweiten Herrschaftsperiode schon 1922 die griechische Niederlage in Kleinasien und die von dieser ausgelöste Machtergreifung des Generals Plastiras ein Ende. Zumindest konnte Konstantin diesmal seinem Sohn Georg II. die Nachfolge sichern, dessen Spezialität es dann wurde, seine Herrschaft auf Militärdiktaturen zu stütze Das ging zuerst ganz gut, bis 1925 der Schulterschluß aller Befürworter der Republik zur ersten „Elliniki Dimokratia“ führte.

Diese währte knappe zehn Jahre und war von ständigen Machtkämpfen zwischen Venizelos und den anderen Parteiführern gekennzeichnet. Die Auseinandersetzungen nahmen seit Beginn der dreißiger Jahre Bür-gerkriegscharakter an, so daß 1935 wieder die Royalisten Oberhand gewannen, ein Referendum über die Rückkehr Georg II. forderten und sich dabei auch eine überlegene Mehrheit sichern konnten.

Der König war noch kaum ein -1—

Jahr im Lande, als sein Ministerpräsident Metaxas mit Billigung des Hofes die demokratische Ordnung suspendieren und eine Diktatur errichten konnte, die bis in den griechisch-italienischen Krieg von 1940/ 41 Bestand hatte. Die deutschitalienische Okkupation Griechenlands vertrieb König Georg II. 1941 wieder aus seinem Land. Mit seiner Exilregierung fand er im Nahen Osten Zuflucht. Während aber in Hellas die Kommunisten die Oberhand gewannen, begannen auch unter den Exilpolitikem die Republikaner zu dominieren. Die Zukunft der Krone stand auf des Messers Schneide, als 1944 Ministerpräsident Papandreou nach der deutschen Evakuierung Griechenlands in die Heimat zurückkehrte. Er ließ den König vorerst im Ausland warten, und bis zu seinem frühen Tod 1947 ist Georg II. seines Thrones nicht sicher geworden.

Die folgende Ära König Pauls (1947 bis 1964) stand weniger im Zeichen dieses stillen, besonnenen und zurückgezogenen Herrschers, als im Zeichen seiner dynamischen Gattin Friederike. Es ist nicht übertrieben, wenn man in erster Linie ihr die Selbstbehauptung der griechischen Monarchie im Bürgerkrieg mit den Kommunisten (1947 bis 1950) zuschreibt. Königin Friederike ritt unbekümmert auf Eselsrücken durchs Feuer der Partisanen, wenn es ihren Soldaten in der vordersten Linie Mut zu machen galt. Durch ihr Sozialprogramm für die nordgriechischen Bergdörfer entzog sie der kommunistischen Revolte den sozialen Nährboden. Dieses Sozialprogramm hatten in erster Linie die wohlhabenderen griechischen Auto-besitzer zu begleichen, denen zu diesem Zweck enorme Importzölle und Verkehrssteuern aufgebürdet wurden. So war Friederike, die Bauern und Soldaten wie eine Göttin verehrten, in den finanzkräftigeren Schichten Griechenlands von Anfang an unbeliebt.

Als 1963 Karamanlis, der Baumeister des modernen Nachkriegs-Hellas, Friederikes wegen seinen Abschied nahm, hatte die Popularität des Königshauses ihren Tiefpunkt erreicht. Die neuen Wahlen wurden haushoch von den Linksliberalen gewonnen, und als 1964 auch noch der allseits geachtete König Paul starb, schienen die Herrschaftstage seines Sohnes Konstantin II. gezählt zu sein. Zwischen ihm und Georg Papandreou bahnte sich dieselbe Entwicklung wie früher zwischen Venizelos und Konstantin I. an.

Oberst Papadopoulos und seine Gesinnungsgenossen, die bei ihrer Machtergreifung am 21. April 1967 unter einem Marionettenkönig die Rolle eines Plastiras oder Metaxas zu spielen hofften, gerieten nach vielversprechendem Anfang bald mit der Königin-Mutter in Konflikt. Sie stand dann in erster Linie hinter den royalistischen Gegenrevolutionen von 1967, 1970 und vom Mai 1973, von denen die Obristen schließlich doch so gereizt wurden, daß sie es nun mit dem Wagnis der „Zweiten Griechischen Republik“ versuchen wollen. Für Konstantin II. gibt es aber vielleicht einmal Rückkehr-chanoen, wenn es nur um ihn und die nach wie vor populäre Anna Maria gehen sollte.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung