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Griechisches Abenteuer

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Dem alten Griechenland hat die berühmte Seeschlacht von Salamis seine Freiheit im Jahre 480 vor Christus gesichert; das Hellas von heute wird es allem Anschein nach dem Putsch königstreuer Marineoffiziere auf derselben Insel Ende Mai 1973 zu danken haben, wenn sich Athens dabei erneut an der Macht behauptetes Militärregime nun mit den in Aussicht gestellten Freiheiten für seine Untertanen noch mehr Zeit läßt. Sowenig die vom royalistischen Altadmiral Engolfopoulos vor dem Piräus aufgebotenen drei Zerstörer dem regimetreuen Oberbefehlshaber der griechischen Land-, See- und Luftstreitkräfte, Angelis, gefährlich werden konnten, so sehr hat dieser Umsturzversuch doch das seit 1967 mühsam aufgebaute Vertrauen in die Stabilität der autoritären Ordnung des Georg Papadopoulos erschüttert. Seine Regierung war außerdem schlecht beraten, diesen

konservativen Putsch sofort mit breiten Oppositionsbewegungen in Verbindung zu bringen. Mit ihren Verdächtigungen gegen den im Pariser Exil lebenden Baumeister des fortschrittlichen Nachkriegs-Hellas, Konstantin Karamanlis, der Haussuchung bei dessen Athener Sprachrohr „Vradini“ (Abendblatt) und den übereilten Polizeimaßnahmen hat die Militärregierung so gut wie alle Entspannung zunichte gemacht, von der sie in der letzten Zeit innen- und außenpolitisch profitieren konnte.

Noch ernstere Folgen als für das doch nicht so sattelfeste Papadopou-los-Regime hat die „Meuterei von Salamis“ jedoch dem in Rom exilierten König der Hellenen, Konstantin II., gebracht. Er war seit seinem unglücklichen Gegenputsch vom Dezember 1967, bei dem er Papadopoulos vergeblich von Nordgriechenland aus zu stürzen suchte, von so gut wie

allen griechischen Oppositionellen als Gegenpol zur Militärregierung hochgehalten worden. Das entsprang bei Konservativen und Liberalen, Sozialisten und sogar einigen Kommunisten der realistischen Einsicht, daß die griechische Militärdiktatur ihrerseits nur wieder vom Militär beseitigt werden könne. Niemand verfügte aber über so wichtige Freunde in der Generalität, und speziell bei Luftwaffe und Flotte, wie König Konstantin.

Nun hat aber die bisherige Erfahrung gezeigt, daß die Royalisten nach jedem gescheiterten Putsch gut drei Jahre zur Vorbereitung eines neuen Unternehmens gebraucht haben. Nachdem sie 1967 vergeblich die ostmakedonische Armee und den Athener Fliegerhorst Dekelia aufgeboten hatten, flog erst 1970 wieder eine Verschwörung in Zentralgriechenland auf, die ebenso im Keim erstickt wurde wie jetzt das Flottenunternehmen von Salamis. Damit sind die Royalisten für mindestens weitere drei Jahre als treibende Kraft des Widerstands abgeschrieben.

Nachdem es als erwiesen betrach-

tet werden konnte, daß zumindest die an dem griechischen Marineputsch in italienischen Gewässern beteiligte „Velos“ in Kontakt mit dem Monarchen gestanden ist, hatte Papadopoulos den König indirekt über seinen Sprecher Stamatopoulos zu einer Distanzierung aufgefordert. Freilich, 1968 hatte sich Konstantin sehr wohl distanziert, als der Widerstandskämpfer Panagoulis das Auto des Diktators in die Luft zu sprengen versuchte. Diesmal aber schwieg der junge König beharrlich, da es sich keineswegs um Meuchelmord,

und bei den Putschisten immerhin um seine ureigensten Leute handelte.

Die in Athen schon seit einiger Zeit hervortretende Tendenz des Militärregimes, sich eine politische Basis in der ausgesprochen monarchiefeindlichen, nationalistisch ansprechbaren „linken Mitte“ der Griechen zu schaffen, erhielt mit der Entthronung Konstantins, der Ausrufung der Republik und einer Volksabstimmung unter diktatorischem Druck ihre definitive Richtung.

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