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Der Allerweltsdiplomat

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Der Entschluß des griechischen Vizekönigs, Ministerpräsidenten, Ver-teidigungs- und Außenministers Georg Papadopoulos, nach dem Rücktritt des bisher mit der Leitung der hellenischen Diplomatie betrauten Stellvertretenden Außenministers Xanthopoulos-Palamas persönlich die außenpolitischen Belange seines Landes wahrzunehmen, verrät interessante Hintergründe der Machtverhältnisse im griechischen Militärregime und von dessen nun sichtlich abgesicherter Position nach außen. Gleichzeitig bedeutet der von Papadopoulos mehr oder weniger provozierte Rücktritt des bewährten Diplomaten alter Schule Xanthopoulos-Palamas eine weitere Reduzierung der Chancen auf einen Ausgleich des im Exil lebenden Königs Konstantin mit den Machthabern in Athen. Xanthopoulos-Palamas hatte nämlich nach wie vor als zuverlässiger Gefolgsmann des Monarchen gegolten, für dessen unglücklichen Staatsstreich gegen Papadopoulos vom Dezember 1967 der Diplomat, damals noch als Griechenlands Botschafter in Washington, Partei genommen hatte. Er stand daraufhin beim Militärregime längere Zeit in Ungnade, die aber mit dem sich seit 1969 rasant verschlechternden Gesundheitszustand von Außenminister Pipinellis, ebenfalls eines roya-listischen Helfers der Militärjunta, abzutauen begann. Nach Pipinellis' Tod übernahm zwar Papadopoulos selbst das Amt des Außenministers, ernannte aber Xanthopoulos-Palamas zu seinem in jeder Hinsicht voll bevollmächtigten Stellvertreter. Hatte die Ära Pipinellis im Athener Außenamt im Zeichen der gelungenen Verhinderung des drohenden Bruches zwischen dem militärregierten Grichenland und seinen westlichen Militär- und Wirtschaftspart-ne.n gestanden, so konnte Xanthopoulos-Palamas diese defensive Diplomatie zur Öffnung Griechenlands nach dem Osten, bedeutenden Erfolgen in der Zypernfrage und engen Kontakten mit den Staaten der Dritten Welt ausgestalten. In der Ära Xanthopoulos-Palamas wurde Griechenlands zwanzigjähriger Kriegszustand mit Albanien beendet, das Verhältnis zu Bulgarien normalisiert und die noch von Pipinellis angebahnte Freundschaft mit Rumänien ausgebaut. Parallel zu dieser Entspannungspolitik auf dem Balkan konnte Xanthopoulos-Palamas • dem zypriotischen Präsidenten Makarios die Ersetzung seines dem Athener Regime nicht wohlgesonnenen Außenministers Kyprianou durch den progriechischen Parteiführer Ioanni-dis abnötigen, was jetzt ein gemeinsames Vorgehen von Athen und Nikosia in der Zypernfrage gewährleistet. Griechenlands diplomatische Offensive in der Dritten Welt konzentrierte sich in erster Linie auf Afrika, wo Papadopoulos' Stellvertreter Pattakos bei zweimaligen Rundreisen nach Nord-, West- und Zentralafrika den Hellenen bedeutende wirtschaftliche und politische Positionen sichern konnte.

Zu dem Zeitpunkt, an dem Papadopoulos die griechische Diplomatie nun persönlich in die Hand nimmt, ist von der zwischen 1967 und 1969 drohenden Isolierung des hellenischen Militärregimes weder im Westen noch im Osten noch etwas zu spüren. Der frühere Artillerieoberst, der sich seit seiner Machtergreifung am 21. April 1967 noch nie über Griechenlands Grenzen hinausgewagt hat, wird daher kaum so schnell mit Problemen konfrontiert werden, die ihm eine Reisediplomatie abnötigten. Anderseits hat sich Papadopoulos bei den verschiedenen Spannungen und Machtkämpfen innerhalb des Militärregimes als hervorragender Taktiker und Diplomat erwiesen, was er jetzt sicher auch auf dem außenpolitischen Parkett unter Beweis stellen wird.

Die persönliche Übernahme des Außenamtes durch Papadopoulos scheint aber gerade in direktem Zusammenhang mit seiner regimeinternen Diplomatie zu stehen. Der De-facto-Staatschef wollte offensichtlich seine Position in der am 31. Juli neugebildeten griechischen Regierung stärker ausbauen. In diese haben nämlich nicht nur wieder die beiden ersten demokratischen Politiker aus den Reihen der liberalen Zentrumspartei, sondern auch Machtrivalen des Regimechefs Einzug gehalten. Vor allem ist es der alte radikale Widersacher des gemütlicheren Papadopoulos, Oberst Ioannis Ladas, der nach vorübergehender Strafversetzung in die Provinz jetzt als Sozialminister nach Athen zurückkehren konnte. Ladas, der 1967/68 als Polizeichef die Freudenmädchen im Piräus jagte und regelmäßig seine Gendarmen gegen Papadopoulos' Marineirifanteristen aufbot, kämmt zur Zeit die Athener Krankenhäuser nach „verschimmelten Ärzten“ durch, wie er sich auf der letzten Pressekonferenz in dem ihm eigenen Landsknechtjargon ausgedrückt hat. Neben der Ärztejagd hat Ladas jedoch sicher schon wieder eine machtpolitische Nebenbeschäftigung in der Hauptstadt gefunden, und da heißt es für Papadopoulos, auf der Hut zu sein.

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