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Rauchen - die Sache zum Abgewöhnen!

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Kein Rauch ohne Feuer - kaum ein Lungenkrebs ohne Rauchen. Im Rahmen einer seit Ende 1976 laufenden großen internationalen Untersuchung zur Klärung der unterschiedlichen Lungenkrebs-Häufigkeit in verschiedenen Ländern wurden in Österreich bisher rund 1200 Patienten im gesamten Bundesgebiet erfaßt und in einer ersten Auswertung die Informationen von 200 männlichen Patienten analysiert.

Die Ergebnisse - publiziert in der im Auftrag des Gesundheitsministeriums von einem Forscherteam unter der Leitung von Univ.-Prof. Michael Kunze erstellten „Analyse der Rauchergewohnheiten in Österreich 1972/1977“ -überraschen nicht: Lungenkrebsrisiko und Menge und Art der konsumierten Rauchware hängen eindeutig zusammen.

Unter den Bronchuskarzinom-Pa-tienten waren 97 Prozent Raucher, fast durchwegs Zigarettenraucher, die durchschnittlich 36 Jahre lang die schadstoffreichsten auf dem Markt befindlichen Zigaretten geraucht hatten, jene mit einem Teergehalt von mehr als 24 Milligramm pro Stück, wie etwa die Marken „Austria 3“ und „Austria C“. Die Raucher dieser Zigaretten - vorwiegend Männer mit relativ geringer Schulbildung und einem hohen täglichen Konsum von 40 Stück und mehr - bilden die typische Risikogruppe für Lungenkrebs, aber auch andere Karzinom-Arten (Kehlkopf, Harnblase, Speiseröhre).

Obwohl die Tatsache Hoffnung gibt, daß der Marktanteil der gefährlichen filterlosen Zigaretten in den letzten Jahren auf 7,5 Prozent zurückgegangen ist, plädiert die Studie

für die völlige Eliminierung besonders gesundheitsschädlicher Zigaretten durch die Einführung einer Schadstoffobergrenze. Es mutet grotesk an, daß sich hier die für die Volksgesundheit zuständige Regierungsstelle bisher nicht gegen die reinen Geschäftsinteressen der staatlichen Austria-Tabakwerke durchsetzen konnte.

Als Erfolg bucht man im Gesundheitsministerium, daß nach dessen erster großer Informationskampagne vor einigen Jahren ein zeitweiliger Rückgang im Zigarettenverkauf festzustellen war. Aber 1977 hielt man bereits wieder bei einer neuen Rekordmarke von 14,7 Milliarden Stück verkaufter Zigaretten. 1977 wurden daneben 54,4 Millionen Zigarren, 231 Tonnen Pfeifentabak und 65 Tonnen sonstige Tabake in Österreich verkauft, doch ist bei diesen Rauchwaren der Umsatz rückläufig.

Bezeichneten sich 1972 nur 28 Prozent der Österreicher ab 16 Jahren als Raucher, so waren es 1977 schon 33 Prozent. Der Anteil regelmäßiger Raucher an der Gesamtbevölkerung ist gleichgeblieben (24 Prozent der erfaßten Personen), der Anteil gelegentlicher Raucher ist seit 1972 von vier Prozent auf neun Prozent gestiegen.

Nach wie vor ist die Mehrzahl der regelmäßigen Raucher männlichen Geschlechts, doch nehmen die Männer unter den regelmäßigen Rauchern leicht ab, während die Frauen -und hier vor allem die jüngeren -immer häufiger zum Glimmstengel greifen. Emanzipation im blauen Dunst.

Vor allem der jüngeren Generation, insbesondere der Schuljugend, gilt

nun die neue Aufklärungskampagne des Gesundheitsministeriums, die vier Hauptargumente gegen das Rauchen vorbringt:

• schöner wird man nicht (Rauchen

schadet dem Teint)

• reicher wird man nicht (Raucher geben im Schnitt 7700 Schilling pro Jahr aus)

• mehr sexy wird man nicht (Rauchen fördert nicht unbedingt das Miteinander)

• gesünder wird man nicht (Rauchen bringt Husten, Herzinfarkt, Lungenkrebs)

Rauchen soll den jungen Menschen als „die Sache“ schmackhaft gemacht werden, aber als „die Sache zum Abgewöhnen“.

Mit dem Abgewöhnen ist es aber so eine Sache. Die Verfasser der Rauchergewohnheiten-Analyse konstatierten, daß 54 Prozent der Raucher gerne aufhören würden und vier Fünftel von ihnen es auch schon mindestens einmal versucht haben. Gleichzeitig stellten sie fest, daß im allgemeinen eine enge Beziehung zwischen Rauchverhalten und Bildungsniveau sowie Einkommensstufe besteht: je mehr Bildung und Einkommen, desto weniger Zigaretten - und umgekehrt.

Zur logischen Folge - Gehaltserhöhungen und vermehrte Bildungsangebote für Kettenraucher, um sie vor dem drohenden Lungenkrebs zu bewahren - wird man sich aber kaum aufraffen können. Mit Recht. Denn nicht alles, was logisch erscheint, ist auch sozial gerecht - gegenüber den Nichtrauchern nämlich - oder gar vernünftig.

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