Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Sicherheit über alles
Während sich die Regierung, spät aber doch, zumindest verbal gegen das Fortschreiten des Entindustrialisierungsprozesses stemmt und landauf, landab der Ruf nach dem innovations- und risikofreudigen Unternehmer tönt, zieht es den Österreicher in Wahrheit zu Bahn, Post, Ämtern und Behörden.
Nach einer Umfrage des Linzer Instituts für Markt- und Sozialanalysen (IMAS), die es wert wäre, daß sich die Medien über die Schlagzeile hinaus damit beschäftigten, würden 72(!) Prozent der Österreicher bei der Berufswahl einem jungen Menschen den staatlichen Dienstleistungsbereich, aber nur 8 Prozent den Handel und nur 4 Prozent die Landwirtschaft empfehlen.
Ausschlaggebend dafür ist, so IMAS in seiner Analyse, die hohe Sicherheit, die man Ar-
beitsplätzen im staatlichen Dienstleistungsbereich - nur 23 Prozent würden verstaatlichte Industriebetriebe empfehlen -zuordnet. Arbeitsplätze bei Post und Bahn gelten bei 68 Prozent der Österreicher als sicher, jene im Bereich der Ämter und Behörden bei 58 Prozent, ein Job in der verstaatlichten Industrie gilt immer noch bei 42 Prozent als sicher, wogegen nur drei Prozent der Befragten der Meinung sind, daß die Arbeitsplätze bei den privaten Industriebetrieben und beim Handel ungefährdet sind.
Dieses Ergebnis, das auch nicht ansatzweise mit den Realitäten des österreichischen Arbeitsmarktes übereinstimmt, stellt zwei Fragen:
Erstens, wie ein derartiges Image der einzelnen Berufsbereiche entstanden ist.
Zweitens, was man zur Korrektur dieses Images beitragen kann.
Denn eines ist klar: Eine Volkswirtschaft, die den Berufsvorstellungen der Österreicher nach der zitierten Umfrage entspricht, ist nicht lebensfähig. Die Entwicklung unserer Leistungsbilanz schreit nach offensiven Produzenten, nicht nach Verwaltern.
Mit zusätzlichen Briefträgern und Bahnhofsvorstehern wird sich die Flut ausländischer Waren, die sich - gemäß unseren Konsum wünschen - derzeit über unsere Grenzen ergießt, nicht stoppen lassen. Höchstens mit innovations- und risikofreudigen Unternehmern im Schumpeter-schen Sinne.
Doch zurück zur Frage, wie ein derartig realitätsfernes Berufsimage entstehen konnte. Ge-wissenserforschung müssen meiner Meinung nach drei Gruppen betreiben:
Die privaten Unternehmer selbst, denen eine positive Selbstdarstellung offenbar nicht im ausreichenden Maße gelungen ist.
Die Opposition, die mit dem ständigen Verbreiten von Katastrophenstimmung.nicht gerade Risikofreudigkeit auslöste.
Und schließlich die Regierungspartei, die mit ihren Sicherheitsparolen einer derartigen Einstellung zumindest Vorschub leistet.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!