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Tendenz: marktgerecht

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Mit nund 300 Galerien auf einer Ausstellungsfläche von 34.000 m2 hat sich die Basler Kunstmesse 1976 gegenüber dem Vorjahr nicht vergrößert — mit Absicht, wie die Messeleitung betonte, denn man will in Basel überschaubar bleiben. Daß allerdings eine ganze Reihe von teils wichtigen Galerien aus Italien, den USA, aus England und aus der Schweiz heuer auf eine Teilnahme an der Art verzichtete, hatte mit dem Überisöhaiuibarkeitsprinzip der Messeleitung wenig zu tun, um so mehr aber mit den hohen Basier Be-teiUgungsikosten und der Situation des Kunsthandels im allgemeinen.

Die Bellastungen, denen dieser Kunsthandel zur Zeit ausgesetzt ist, schilderte der Mitbegründer der Basler Kunstmesse Beyeler — selbst einer der führenden Schweizer Kunsthändler —bei einer Pressekonferenz in den düstersten Farben, um dann dem Idealismus und der Einsatzbereitschaft der Kunsthändler um so leuchtendere Farütupier aufzusetzen. Wenn Beyeler dann auch noch zumindest andeutungsweise zur Besinnung auf die traditionellen Werte in der Kunst aufforderte und der Kunstproduktion von heute und morgen eine Krise der Ästhetik anöiagnostizierte, und bei der gleichen Pressekonferenz von marktgerechterer Ware und marktgerechteren Preisen die Rade war, so war damit auch schon die Grundtendenz der Art 7'76 umrissen. Zwar gab es auch bei dieser 7. Basler Kunstmesse wieder — wie immer im oberen Stockwerk des Messe-gebäuldes — eine Abteilung „Neue Tendenzen“, die dieser Abteilung zugeordneten Aussteller aber zeigten sich heuer, was neue Tendenzen betraf, recht zaghaft. Im Erdgeschoß der Basler Mustermesse drückte sich die Vorsicht der Aussteller vor allem im Verzicht auf das Vorzeigen besonders teurer, und repräsentativer zur Zeit wohl unverkäuflicher Werke der modernen Klassik aus.

Dieses vorsichtige Einschwenken auf die in der Pressekonferenz skizzierte Linie der marktgerechteren Ware und marktgerechteren Preise in beiden Art-Stockwerken ließ die Grenzen zwischen den mit einem grünen Punkt versehenen Ausstellern der „Neuen Tendenzen“ und den Ausstellern ohne grünen Punkt mehr denn je verschwimmen.

Für eine relative Übersichtlichkeit sorgte dafür ein neuer Rekord an roten Punkten: in beiden' Basler Stockwerken signalisieren diese roten Punkte Galerien, die in ihrem Stand nur einen Künstler oder eine thematisch gebundene Schau präsentieren. Insgesamt 92 Galerien hatten heuer Anspruch auf den roten Punkt. Auf zwei Einzelpräsentalionen brachte es der Schweizer Jean Tinguily, dessen bewegliche Apparate aus Maschinenteilen bei Bisehofberger und Bonnier nichtssagend-verspielt vor sich hinklimperten: in weiten Museumsräumen machen sich Tinguelys Arbeiten wichtiger und besser. Den neuesten Arbeiten des Amerikaners James Rosenquist — die verhältnismäßig kleinformatigen comlbine paintings waren bei Mayor zu sehen — könnten auch die besten Räumlichkeiten nicht au Wichtigkeit verhelfen. Schön wie eh und je präsentierte sich der Altmeister des abstrakten Expressionismus Robert Motherwell bei Emmerich mit ganz neuen Collagen. Beyeler hatte seinen museumsreifen Stand Willy Baumeister gewidmet, bei Varenne gab es eine Kollektion der poetisch-absurden Assemblagekästen des Amerikaners Josef Cornell.

Während sich die Photogalerien heuer zum ersten Mal sehr vorteilhaft au einem gemeinsamen großen Stand zusammenisahlosisen, fiel deutlich ein Rückgang der früher allgegenwärtigen billigen Graphik auf. Hervorragende Qualität fand sich dafür bei der Peterslhurgh-Press (eine brandneue Edition von Samuel

Becketts „Frizzles“ mit Radierungen von Jasper Jahns), bei Gemini (in einem besonders schön gestalteten Stand u. e. neue Multiples von Rau-sehenfoerg), bei der Parasod Press. Dane/Basel zeigte mit dem exquisiten Portfolio „Meanders“ das letzte Werk des vor kurzem verstorbenen Mark Tobey.

Die 10 in Basel vertretenen österreichischen Galerien brachten vor allem österreichische Kunst mit. Im internationalen Messebetrieb am deutlichsten profiliert hat sich die

Innsbrucker Galerie Krinzinger, die in Basel Arnulf Rainer zeigte.

Selbst in der vorsichtig-marktgerechten Version von 1976 konnte die Kunstmesse Basel ihre Spitzenstellung unter den immer zahlreicher werdenden Kunstmärkten behaupten, die den budgetgekürzten Museen und öffentlichen Galerien die Aufgaben der umfassenden Information und des Erfassens neuer Publi-kumsischichien längst abgenommen haben.

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