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Sie konnten zueinander nicht kommen: „Kunstmesse 78“ in der Wiener Secession und „Internationale K 45“ im Künstlerhaus kochen jede für sich ihre Süppchen. Und machen kein Geheimnis- draus, wie mager diese geblieben sind, was Verkaufserfolg wie Publikumsinteresse betrifft. Auch im nächsten Jahr werden die beiden Wiener Kunstmessen nicht zusammenarbeiten.

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Sie konnten zueinander nicht kommen: „Kunstmesse 78“ in der Wiener Secession und „Internationale K 45“ im Künstlerhaus kochen jede für sich ihre Süppchen. Und machen kein Geheimnis- draus, wie mager diese geblieben sind, was Verkaufserfolg wie Publikumsinteresse betrifft. Auch im nächsten Jahr werden die beiden Wiener Kunstmessen nicht zusammenarbeiten.

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Denn einerseits kann sich der Veranstalter der „Kunstmesse 78“, also der Verband österreichischer Galerien moderner Kunst und sein Chef, John Sailer, eine Supermesse nur unter der eigenen. Leitung vorstellen; anderseits denkt der „K 45“-Organisator, Herbert Gras, gar nicht daran, noch eine solche Dutzendveranstaltung auf die Beine zu bringen: Er spricht vom Abgehen vom Messecharakter, kündigt eine Informationsschau mit internationaler Tendenz an, will vor allem wieder prominente ausländische Galerieunternehmer mit prominenten Künstlern gewinnen - oder überhaupt auf dem Umweg über Sponsoren Kunstinformation ohne weitere Rücksicht auf Galerieinteressen betreiben. So verschiedene Bestrebungen sind kaum unter einen Hut zu bringen.

Wie sich die „Kunstmesse 78“ und die „K 45“ die Kunstwelt aufgeteilt haben, das beschert nicht gerade Kunstsensationen: In der Secession vergatterte der Galerieverband seine Mitglieder zu österreichischen Personalausstellungen, die zum Teil erste Qualität zeigen. Würthle mit einer brillanten Herzmanovsky-Orlando-Schau, Kalb mit Spitzenzeichnungen von Brus, Curtze mit bedeutenden frühen Bildern Güterslohs, Welz mit Wilhelm Thönys Gemälden, Brandstätter mit Wickenburg, „Ulysses“ mit Werken Serge Poliakoffs ... Aber wer als Galeriebesucher sich das ganze Jahr über in Wien ein wenig umsieht, wird kaum Neues finden. Denn fast jede dieser - wohl hervorragenden - Miniausstellungen hat man eigentlich schon gesehen (mit Ausnahme der neuen Bilder -und Zeichnungen Adolf Frohners in der Koje der Galerie Basilisk). Für die Stammkundschaft also keine Sensation. Bleibt hur die Chance, ein sonst uninteressiertes Publi-kum anzulocken. Aber ob das gelingt? Die meisten Kojenmieter bezweifeln es.

Im Vergleich zur Secessionsschau ist das Sammelsurium im Künstlerhaus bunter gemischt, aber origineller. Ein paar ausländische Galerien sind dabei: Fassbender aus München, Fischer aus Baden-Baden, Kümmel aus Köln, Nothelfer aus Berlin, Pelle-grino aus Bologna. Sie sorgen für Farbe. Und auch die hier vertretenen Wiener und bundesländischen Galerien halten es mehr mit dem Experimentellen. Die Villacher „Arge“ etwa mit ihrer originellen Cornelius-Ko-lig-Präsentation, die Wiener „KunstKontakte“ mit ihren fetischartigen Objekten und Assemblagen von Müller und Braunsteiner, die Niederösterreich-Gesellschaft mit ihrer Robert-Kabas-Präsentation „Ariadne“,mit den neuen malerischen Tendenzen eines Anzinger und Schmalix, oder das Kasseler Galeriestudio Kausch, das unter anderem ein symptomatisches Foto zeigt: Selbstdarsteller Timm Ulrichs im schwarzen Mantel, mit Blin-denschleife, weißem Stock, schwarzen Brillen und einem Täfelchen auf der Brust mit der Aufschrift „Ich kann keine Kunst mehr sehen“ ...

Es hat für eine Kunstmesse dieser Art schon einen Hauch von Sinnlosigkeit, wenn etwa eine Galerie wie Nothelfer die Wände mit einem Sammelsurium sündteurer Arbeiten behängt: mit Twombly-Zeichnungen um 91.000 Schilling, mit einem Christo-Li-tho um 27.000 Schilling, einem ebenfalls sehr hoch angesetzten Bild Dah-mens und so weiter. Der Informationswert für das nicht informierte Publikum ist höchst gering, die Chance, daß Sammler hier das erstbeste Blatt oder Bild oder Objekt. kaufen, eher gering. Und so sehen auch die Gastgalerien die Situation.

Man sollte das Thema „Kunstmesse“ in Wien also gründlich überdenken. Denn hier nur einen bescheidenen Aufguß anderer Kunstmessen vorzuexerzieren, bringt wenig für die Veranstalter, die sehen, wie am Publikum „vorbeipräsentiert“ wird, den teilnehmenden Galerien, die kaum etwas absetzen, und auch Besuchern, die einerseits als Kenner von soviel durchschnittlichen Allerweltskunst enttäuscht sind und anderseits als Nichtversierte, ebenfalls mit einiger Enttäuschung durchmarschieren, und nicht wissen, was manches soll.

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