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Wächst der Wiener Kunsthandelszwerg?

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Eigentlich hatten es die meisten geahnt, daß dieses Konkurrenzspektakel nur so und nicht anders ausgėhen konnte: daß da nämlich nach der Spaltung der Wiener Kunstmesse des Jahres 1976 heuer eines der beiden neuen Unternehmen Pleite machen müßte. Eine geistige Pleite!

Sie folgte denn auch prompt all jenen Galeriechefs auf dem Fuß, die sich da in den heiligen Marmorhallen des Palais Liechtenstein zum kunterbunten Treffen des Kunsthandels scharten und auf eigene Faust drauflospräsentierten. Ohne geistige Leitlinien, ohne programmatische Ideen, ohne strenge Qualitätsmaßstäbe und Ausleseverfahren … Aber sie sahen bald selbst die Misere - die „Interkunst” endete mit wenigen Ausnahmen - in blamabler Dürftigkeit, weil alles, was prominent, gut und teuer ist, längst im Wiener Künstlerhaus bei der „K 45” geistigen Unterschlupf gesucht hatte.

Und so ist es bereits jetzt fast schon sicher, daß im kommenden Jahr doch wieder nur eine Kunstmesse stattfinden wird. Denn Bauzentrum- Manager Dipl.-Ing. Jirasko hat in weiser Erkenntnis der „Interkunst”-Mi- sere bereits einen Vorvertrag auf eine

Fusionierung der beiden Messen für 1978 beschlossen. Und noch einmal mit seinem Satz „Wir sind so gut wie die Galerien, die bei uns ausstellen” total ins Schwarze zu treffen, kann und will sich auch das Bauzentrum nicht leisten.

Die Problematik dieser Konkurrenz liegt natürlich sehr tief. Zwei Kunstmessen zur selben Zeit… - das ist ein Konkurrenzkampf, den sich nicht einmal die Metropolen des Kunsthandels, also London, Basel, Zürich, Düsseldorf, New York, leisten könnten. Und sie würden solche Konkurrenzspiele auf „Teufel komm raus” auch gar nicht versuchen, weil da alle nur zu genau wissen, was heute auf dem Spiel steht. Daß bei der heutigen Kapitalsituation der Kunstmarkt sich so einig und seriös wie möglich präsentieren muß, mit seriöser Preispolitik, mit Qualität. Und vor allem mit der Bereitschaft, seriöse Informationen zu vermitteln, um das Publikum der Sammler zu vergrößern und neue Publikumsschichten zu erschließen.

Gerade diesen Eindruck zu hinterlassen, schaffte aber die „Interkunst” gar nicht. Ausstellungen wie die „Zeichnungen” und die „Neo-Manieristen” bescherten einfach zuviel Mittelmaß und Unterdurchschnittlich- keit. Und was verschiedene kleine ausländische. Galerien einschleusten, ließ mehr als bloß zu wünschen übrig. Das grenzte bereits ans Nicht-emst-Neh- men des Publikums.

Gerade die Informationsarbeit über internationale Trends hätte man aber von Wiens Kunstmessen erwartet, die Präsentation internationaler Künstler, die sonst in Wien kaum oder gar nicht gezeigt werden. Das blieb eigentlich nur der „K 45” Vorbehalten. Aber auch dort hatte man sich bloß auf einen vagen Avantgardebegriff eingespielt, der auch viel Modisches einschloß..

Dabei wäre es so wichtig gewesen, gerade den Kunsthandelszwerg Wien ein bißchen international aufzupäppeln. Das hieße aber, mit Konsequenz über Entwicklungen seit dem Ende des 2. Weltkriegs zu informieren, was man auch auf der „K 45” nur teilweise erfüllte. Aber vielleicht wäre es fürs nächste Jahr sogar die beste Lösung, wenn die einzelnen Galerien ihre Ausstellungen miteinander absprechen, natürlich jede ihre „Spezialitäten” zeigt, aber zugleich im ganzen doch eine echte großzügige „Interkunst” geplant wird. Eine Art Mini-documen- ta, mit viel Wort- und Text- und Bildin- formation. Das wäre fürs Publikum ergiebiger, das dann auch mit mehr Animo reagieren würde als heuer. Ich habe etwa von etlichen Besuchern der „K 45” gehört, daß sie eigentlich Kontakte mit Künstlern und Galeriemanagern geschätzt hätten. Wie sich auch anderseits die Galerieleiter dann weniger über „Introvertiertsein” und „Arroganz” des Wiener Publikums beklagen könnten … Solche Barrieren zu überwinden, wäre jedenfalls die Hauptaufgabe der Kunstmesse 1978. Dann wäre Wien auf dem besten Weg, zu seiner Stadt internationalen Kunsthandels zu werden. Und diese Chance sollte man sich nicht entgehen lassen.

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