Jewgeni Murajew - © Foto: Wikipedia/tov_sergeant (cc0)

Ukraine-Krise: Putins Freund-Feind

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Vom britischen Geheimdienst als möglicher Putschist im Namen Moskaus genannt: der Medienunternehmer Jewgeni Murajew.

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Vom britischen Geheimdienst als möglicher Putschist im Namen Moskaus genannt: der Medienunternehmer Jewgeni Murajew.

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Das Tauziehen um die politische Zukunft der Ukraine gebiert oft seltsame Blüten und Figuren. Montag erschien der Medienunternehmer Jewgeni Murajew als Kopf einer Putschregierung in den Schlagzeilen, aufgebracht (oder -gebauscht) von der britischen Regierung, unterfüttert mit Geheimdienstquellen - naturgemäß ohne Quellenangabe. „Lächerlich“ sagt der 45-jährige Ex-Politiker selbst über die Berichte, andere meinen freilich, das Lächerliche an der Geschichte sei Murajew selbst – zu lächerlich für Putin.

Die Geschichte um den Unternehmer, einige Jahre Vorsitzender des prorussischen Oppositionsblocks im ukrainischen Parlament, zeigt aber eindrucksvoll die fürchterlich verworrenen Verhältnisse der politischen Lager in der Ukraine. Murajew stammt aus einer Beamtenfamilie in Kiew und war in den Wirren der Majdan-Revolution ein Anhänger des von Moskau unterstützten Viktor Janukowitsch. Doch er überwarf sich mit Putins Freund in der Ukraine, dem unter Hausarrest stehenden Oligarchen Viktor Medwedschuk. Seither wird er von Moskau als eine „Bedrohung“ eingestuft und darf nicht mehr einreisen.

Das hindert Murajew freilich nicht, weiter strikt prorussisch zu sein. Den Regisseur und Sacharowpreisträger Oleg Sentsow, der nach der Annektierung der Krim jahrelang in Russland inhaftiert war, bezeichnete Murajew als Terroristen und Brandstifter – und musste sich dafür öffentlich entschuldigen, nachdem die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen Verbreitung von Falschinformationen zu ermitteln begonnen hatte. Gesellschaftlich ist er streng konservativ, offen gegen Homosexualität, ein Impfgegner und ein Befürworter Donald Trumps.

Er scheint übrigens nicht unbedingt mit dem Gespür für den rechten Augenblick begabt: Eben mit Putschvorwürfen konfrontiert, forderte Murajew eine neue ukrainische Regierung. Die schlägt übrigens zurück, indem sie ihm fallweise seinen Sender wegen Russlandpropaganda zudreht. Bei den Wahlen zum Parlament erreichte seine Partei 2019 nur drei Prozent der Stimmen, seither ist Murajew Expolitiker. Wäre er Moskaus Wahl, Putin würde also tatsächlich nicht auf Beliebtheit setzen.

Dieser Artikel erschien unter dem Titel "Putins Freund-Feind" in Ausgabe 4/2022 der FURCHE

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