Ukraine-Krieg
DISKURSPutin: Vom Wahn der Cäsaren
Die Geschichte bietet viele Beispiele für Herrscher, denen ihre Macht zu Kopf gestiegen ist. Mit oft verheerenden Folgen. Zählt Wladimir Putin jetzt auch dazu?
Die Geschichte bietet viele Beispiele für Herrscher, denen ihre Macht zu Kopf gestiegen ist. Mit oft verheerenden Folgen. Zählt Wladimir Putin jetzt auch dazu?
Nach Kriegsbeginn in der Ukraine berichtete der ORF-Korrespondent Paul Krisai aus Moskau, der russische Präsident agiere nun „wie im Rausch“. Eine Analyse seiner Militäraktion in der Ukraine lief in der Presse auf ein einziges Wort hinaus: „Wahnwitzig“ (Christian Ultsch). „Bis vor Kurzem habe ich Putin für einen autoritären Führer mit strategischem Weitblick gehalten. Jetzt erinnert er mich eher an Bruno Ganz im Führerhauptquartier“, twitterte der Journalist Peter Pelinka. Und Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock sprach letzte Woche im ZDF von Putins „Wahnvorstellungen“. Im Hintergrund drängt sich bei vielen eine unangenehme Frage auf: Hat der russische Präsident, der bisher als eiskalter Stratege der Macht galt, den Kontakt zur Realität verloren? Oder ist er so berechnend, dass er sogar sein aktuelles Auftreten als tollwütiger Kriegsherr inszeniert?
Die Gefahr in Putins Gehirn
„Putin betreibt ein Hasardspiel auf höchstem Niveau, aber ich glaube, er handelt selbst in seiner Eskalationsstrategie durchwegs rational“, sagt der Historiker Ilja Steffelbauer im Gespräch mit der FURCHE. „Er agiert nur scheinbar irrational, damit die Gegenseite nicht weiß, wie sie ihn nehmen muss.“ Dennoch: Schon vor Kriegsbeginn haben Psychologen und Historiker davor gewarnt, dass der russische Präsident Anzeichen eines Realitätsverlusts erkennen lasse, berichtet Matthias Koch im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Angesichts einer langjährigen Kombination aus extremer Einsamkeit und extremer Macht sei das nicht ungewöhnlich. Putin sitze seit 21 Jahren an den Schalthebeln in Moskau und treffe schon lange niemanden mehr, der ihm zu widersprechen wage.
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