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Zwei große Seelenärzte Österreichs
Der 90. Geburtstag von Viktor Frankl war Anlaß zu einem Empfang in der Wiener Hofburg, bei dem Bundespräsident Thomas Klestil dem Jubilar das „Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich” überreichte und ihn in einer sehr herzlich gehaltenen Ansprache würdigte.
Klestil begann mit dem Eingeständnis, er sei beim Versuch, Frankls Leben - und damit auch sein umfassendes Lebenswerk, die übergroße Zahl seiner Buchtitel und wissenschaftlichen Arbeiten -auch nur in seinen allerwichtigsten Stationen festzuhalten, gescheitert. Faktum sei, daß der Schöpfer der Logotherapie an mehr als 200 Universitäten auf allen Kontinenten vorgetragen und prompt Bewunderer und Schüler gefunden habe. Die amerikanische Library of Con-gress nenne Frankl als Autor eines der zehn wichtigsten Bücher der Menschheit.
Die Anwesenheit von Kardinal Franz König, der im Sommer 90 Jahre alt wird und, wie Klestil anmerkte, „seinen großen runden Geburtstag ganz in der Ruhe der Berge verbringen will”, nützte der Bundespräsident, um beiden Jubilaren gegenüber auszusprechen, daß Österreich stolz und dankbar sei, „in Ihnen zwei Hoffnungsgestalten und Vorbilder unseres Landes zu besitzen: zwei Männer des Geistes, deren Spuren in der Geschichte dieses Jahrhunderts unauslöschlich sind - und die längst der Welt gehören; zwei Seelenärzte der besonderen Art, die sich - jeder auf seine Weise - der seelischen Heilung beziehungsweise dem Seelenheil verschrieben haben; zwei Persönlichkeiten, deren besondere Liebe den Menschen und den Bergen gehört”.
Er habe durch seine frühere Tätigkeit in den USA, sagte Klestil Frankls „legendäre Ausstrahlung schon seit Jahrzehnten beobachten” können und sich oft gefragt, wo Frankls enorme Kraft und Menschenliebe wachsen konnte und „wie es möglich wurde, daß gerade Sie in unserer Zeit der Depressionen, der Aggressionen und der Flucht so vieler junger Menschen in die Welt der Drogen weltweit zu einem unübersehbaren Leuchtturm der Zuversicht und des Lebenssinns wurden”.
Die Antwort habe er bei Frankl selbst gefunden, sagte Klestil und würdigte Frankls „Beitrag zur Überwindung der Sinnkrise”, indem er unzähligen Menschen geholfen habe, „trotzdem Ja zum Leben” zu sagen, seinen „lebenslangen Aufruf, die grassierende Sinn-krise durch die Wiederentdeckung des Anderen zu überwinden” (in einer „auf egozentrische Selbstverwirklichung ' ausgerichteten Zeit) und seine „Treue zu Österreich”. Dieses Land habe es Frankl „wie so vielen Großen nicht immer leicht und in dunkler Zeit sogar entsetzlich schwer gemacht ... Die Welt draußen hat die Größe Ihres Lebenswerks weit früher erkannt als die Heimat - auch das gehört zum wohlbekannten österreichischen Syndrom.”
Viktor Frankl, dem zu seinem Geburtstag auch eine seine Botschaft gut beleuchtende Festschrift überreicht wurde, hob in seiner Dankrede den Anteil seiner Frau an seinem Lebenswerk hervor, nannte Sigmund Freud und Martin Heidegger als Menschen, von denen er viel gelernt habe, und sah in der Feier in aller Bescheidenheit ein Zeichen, daß sein eigenes Leben nicht „sinnlos” gewesen sei.
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