Widerspiel der Gefühle

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Stürmisch umjubelt wurde "Norma“ bei den Salzburger Pfingstfestspielen mit einer brillanten Cecilia Bartoli.

Wo es um Liebe geht, sind Eifersucht und Intrige oft nicht fern. Darum geht es auch in Bellinis "Norma“. Und zwar egal, in welcher Zeit man das Geschehen ablaufen lässt. Denn die Frage, ob und wie man Verantwortung für sein eigenes Verhalten übernimmt, hat bis heute nicht an Aktualität verloren. Im Original spielt die Handlung in Gallien während der römischen Besatzung. Das Regieduo Moshe Leiser/Patrice Caurier hat sie in das besetzte Frankreich der 1940er Jahre ins Ambiente eines herunter gekommenen Schulhauses (Bühne: Christian Fenouillat) versetzt - was im Programmbuchessay allerdings deutlicher herauskommt als auf der Bühne des Hauses für Mozart.

Diese Quasi-Aktualisierung des Sujets ist aber nur ein Teil dieser Inszenierung, wesentlicher ist die Führung der Personen. Diese geschieht auf eine so natürliche wie zwingende Weise, womit das meist von einer starren Historie überfrachtete Drama zum packenden Widerspiel der Gefühle wird. Ganz wie es sich die Intendantin dieser Salzburger Pfingstfestspiele, Cecilia Bartoli, auch gewünscht hat. Sie spielt, nein, lebt die Titelpartie mit einer schier unglaublichen Intensität, lässt einen unmittelbar Anteil haben, wie sie zwischen Pflicht und persönlicher Neigung kämpft und schließlich den Opfertod stirbt. Nicht auf dem Scheiterhaufen, sondern zusammen mit ihrem Pollione, der sie einst verführt, mit ihr zwei Kinder gezeugt, später für Adalgisa verlassen hat, in den Flammen des verwaisten Schulhauses.

"Rossinissimo“ 2014

Aber nicht nur szenisch weist diese Produktion, die im Sommer wiederaufgenommen wird, neue Wege, sondern auch musikalisch. Denn musiziert wird dieser Bellini nach der quellenkritischen Neuedition auf Originalinstrumenten. Das ermöglicht, wie das Orchestra La Scintilla unter Giovanni Antonini, vorzeigte, flexiblere Tempi, bisher nicht gekannte klangliche Differenzierungen, hebt zudem die Schubert-Nähe des Werks hervor. Entdeckungen, die manche orchestrale Unreinheiten, die unterschiedlich geglückte Balance zwischen Orchester und Chor ebenso zurücktreten ließen wie die vokalen Unzulänglichkeiten des bei der Premiere nur langsam in Fahrt kommenden John Osborn als Pollione. Makellos die übrige Besetzung mit Rebeca Olvera als emphatische Aldagisa, Michele Pertusi als eindrucksvoller Oroveso, Liliana Nikiteanu als einfühlsame Clotilde und Reinaldo Macias als Flavio.

"Rossinissimo“ ist das Thema der wiederum von Cecilia Bartoli kuratierten Pfingstfestspiele 2014 mit gleich zwei Rossini-Opern: "La Cenerentola“ und "Otello“, dazu Rossini-Galas sowie dessen "Stabat Mater“ und "Petite Messe Solenelle“ unter Antonio Pappano.

Norma

Salzburger Pfingstfestspiele

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