Das aufregende Liebesleben der Cleopatra

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Mit Händels "Giulio Cesare in Egitto“ legte die neue Intendantin der Salzburger Pfingstfestspiele, Cecilia Bartoli, die dabei auch in der Rolle der Cleopatra brillierte, einen gelungenen Start hin.

Dass Krieg herrscht, wird schon in der Ouvertüre angedeutet und im Finale, wenn sich die Bühne zum Toscaninihof öffnet und ein Panzer vorbei fährt, nochmals betont. Georg Friedrich Händels "Giulio Cesare in Egitto“ ist eben nicht auf eine Liebesgeschichte mit dem römischen Kaiser und seiner sehr viel jüngeren, von ihm zur Königin von Ägypten gemachten Geliebten Cleopatra zu reduzieren. So sehen es die Regisseure dieser Produktion, die bei den Sommerfestspielen wiederholt wird: Moshe Leiser und Patrice Caurier.

Waffen und Öl-Bohrtürme

Nur einige wenige Requisiten - wie Fauteuils, Krokodile, Waffen, Öl-Bohrtürme - finden sich auf der Bühne des Hauses für Mozart. Das lässt bereits erahnen, dass neben Liebe auch wirtschaftliches Kalkül Cäsar und Cleopatra zueinander führen wird. Kompliziert verschachtelt ist die Handlung. Eros und Macht werden in vielfältigen Schattierungen angesprochen. So wie es das für diese Pfingsten gewählte Festivalmotto "Cleopatra - im Labyrinth von Eros und Macht“ schon im Vorfeld avisierte.

Ein ausführliches Stück barocker Sinnenfreude hat Händel mit dieser in mehreren Versionen vorliegenden Oper geschaffen. Ironie, zuweilen schroffe Überzeichnung prägen die szenische Deutung, die mehrfach auf die aktuellen politischen und ökonomischen Schwierigkeiten Europas Bezug nimmt. Dementsprechend ist die Handlung in die Gegenwart verlegt, agieren die Protagonisten in Alltagskleidung (Kostüme: Agostino Cavalca). Der im blauen Dreiteiler auftretende, zögerliche Titelheld (untadelig Andreas Scholl) fährt in einer Staatskarosse vor. Mit einer 3D-Brille blickt er Cleopatra (brillant Cecilia Bartoli), deren virtuoser Koketterie er längst verfallen ist, nach, wenn sie auf ihrem putzigen Flugzeug himmelwärts reist. Entspannt lädt er beim Happy End zu einer Champagnerrunde. Mit Liebe zum Detail zeichnet die Regie die Mutter-Sohn-Beziehung von Pompeos Witwe Cornelia und Sesto, die mit Anne Sofie von Otter und insbesondere Philippe Jaroussky auch stimmlich exzellent besetzt waren. Christophe Dumaux gab einen brutalen, geschmacklos sexistischen Tolomeo, Ruben Drole seinen gemäßen Berater Achilla. Untadelig Peter Kálmán als Römertribun Curio. Einiges von seinem früheren Glanz ließ Jochen Kowalski, der hier zu Cäsars Kammerdienerin (!) Nirena wird, aufblitzen. Von Giovanni Antonini am Pult seines akkuraten Il Giardino Armonico hätte man sich neben allem sprühenden Elan vor allem in der Wahl der Tempi eine differenziertere Darstellung der Partitur gewünscht.

Shakespeares "Anthony and Cleopatra“, gelesen von Sunnyi Melles und Sven-Eric Bechtolf, Berlioz’ Scène lyrique "La mort de Cléopâtre“ mit Vesselina Kasarova, Rodion Shchedrins neues Sopran-Orchesteropus "Kleopatra i zmeja“ ("Cleopatra und die Schlange“), das Mojca Erdmann mit dem Mariinski-Orchester unter Valery Gergiev uraufführte, zählten ebenso zum Programm dieser Pfingstfestspiele wie eine konzertante Aufführung von Jules Massenets aus der sinnlichen Atmosphäre des Fin de siècle erdachtem Opernvierakter "Cléopâtre“ in der Felsenreitschule. Er hat Cleopatras mit dem gemeinsamen Tod endende spätere Liebesbeziehung zu Marcus Antonius und dessen schwierige Ehe mit Octavie zum dramatischen Inhalt - was Vladimir Fedoseyev mit dem Mozarteumorchester Salzburg und dem Salzburger Bachchor prägnant vorzeigte.

2013 geht es um "Opfer“

"Sacrifice - OPFER - Victim“ ist Leitgedanke der Pfingstfestspiele 2013. Sie wird wiederum die Titelpartie in der Eröffnungsoper - diesmal Bellinis "Norma“ - verkörpern. Strawinskys "Le sacre du printemps“ zum 100-Jahr-Jubiläum der Uraufführung unter Gergiev, Haydns "Die sieben letzten Worte“ mit dem Hagen Quartett und Alfred Brendel als Rezitator, das Brahms-Requiem unter Daniel Barenboim mit René Pape und der Bartoli als Solisten sowie Andrei Tarkowskis letzter Film, "Offret“ (Opfer) sind weitere Programmpunkte.

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