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Don Juan und der steinerne Caudillo

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Der Marquis Luca de Tena, Madrids Botschafter in Athen und Besitzer einer der größten Zeitungen Spaniens, des monarchistischen ABC, der jedoch die redaktionelle Leitung seines eigenen Blattes vor zehn Jahren aufgeben mußte, da man an höchster Stelle damit nicht einverstanden war, dieser Marquis Luca de Tena schrieb an den spanischen Generaldirektor für Pressewesen, Mufloz Alonso, einen Brief, von dem hier Kopien zirkulieren und dem wir folgernde Sätze entnehmen:

„Als Spanier und Journalist protestiere ich dagegen, daß spanische Publikationsorgane gezwungen wurden, mit ihrem Ansehen die Nachricht einer ausländischen und verlogenen Zeitung zu unterstützen. („France-Soir“, dessen angezweifelter Bericht über das Münchener Treffen der inneren und äußeren spanischen Emigration als Rechtfertigung der Maßnahmen gegen die Opposition und für die Aufhebung dler Freizügigkeit diente.) Wenn die Pressedirektion den Zeitungen eine Regierungsnote zugestellt und darin den Münchener VoTfaU angeprangert hätte, wäre ich der erste gewesen, diese Machenschaft (der Oppositionellen) öffentlich zu verurteilen ... Eine Zurückweisung, von nationalen Schriftstellern verfaßt, wäre für das Regime, das wir alle verteidigen, für den Staatschef und für Spanien wirkungsvoller gewesen als dieser plumpe Mischmasch aus Unterstellungen, Lügen und Tatsachen. Die niederträchtigste Verleumdung aber ist der Versuch, den Grafen von Barcelona (Don Juan, bisher aussichtsreichster Thronanwärter) mit einem politischen Vorgang in Verbindung zu bringen, mit dem er weder von fern noch von nah zu tun hat. Auch protestiere ich, daß Du verhindert hast, daß ABC aus der ihm aufgezwungenen Information die infame Anspielung auf den Grafen von Barcelona streicht. loh protestiere endlich gegen die Anwesenheit von Inspektoren, die in das Verlagshaus des ABC mit Deinem Befehl kamen, die Auflage zu beschlagnahmen, falls die unglaubliche Anspielung auf Don Juan de Bourbon nicht veröffentlicht würde.“

Dieser Brief wirft nicht nur ein Licht auf das spanische Pressesystem, das der Marquis „gesetzwidrig, unchristlich und politisch unzweckmäßig“ nennt, sondern ist ein weiterer

Beweis dafür, daß sich die jüngsten Maßnahmen der Staatsführung nicht so sehr gegen die schwächliche demokratische Opposition, als gegen alle richten, die als unliebsam empfunden werden. Dazu gehört auch der Thronprätendent Don Juan von Bourbon-Battenberg mit seiinem Kreis.

Wie schnell der im portugiesischen Estoril als freiwilliger Emigrant lebende Graf von Barcelona und die 42 in Spanien ansässigen Mitglieder seines ,.Privatrates“ erfaßten, daß der neue scharfe Kurs ebenfalls sie betreffen und die ganze Restauration in Frage stellen muß, geht daraus hervor, daß bloß wenige Tage nach dem Münchener Treffen eine monarchistische Delegation sich im Madrider Außenministerium einstellte, um ihre Stellungnahme zu dem Vorgehen der königstreuen Tagungsteilnehmer zu überreichen. Darin hieß es, daß, soweit Monarchisten an der Begegnung beteiligt waren — Gil Robles, Satrustegui tii a. —, diese aus eigener Initiative, nicht aber als Vertreter des Prätendenten oder seines Rats gehandelt hätten.

Diese Erklärung soll an höchstem Ort als ungenügend angesehen worden sein, und die Zensur unterband die Veröffentlichung des Kommuniques. Vier Tage darauf traf sich Don Juan in spanischen Gewässern an Bord seiner Jacht mit zweien seiner Räte. Wieder wurde eine Verlautbarung ausgearbeitet und dem Außenamt sowie den Zeitungen zugestellt. Diesmal wurde es zur Kenntnis genommen, sllerdings auf sonderbare Weise: In einer aus Lissabon datierten Meldung gab die spanische Presse bekannt, daß der Graf von Barcelona keinen Anwesenden bei der Münchener Besprechung mit seiner persönlichen oder ideologischen Vertretung betraut hätte. Keine Erwähnung jedoch der Zusammenkunft Don Juans mit seinen Räten, und kein Wort von dem auf Drängen seiner konservativen Ratgeber vom Thronanwärter verfügten Ausschluß des Rechtsanwalts Gil Robles aus dem Privatrat.

Jetzt wurde es auch dem optimistischesten Monarchisten klar, daß die Staatsführung gar keine Satisfaktion von Don Juan annehmen wollte, sondern daß sie die günstige Gelegenheit benützte, um den Prätendenten gründlich zu kompromittieren. Das scheint ihr gelungen zu sein.

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