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Der große Vorsitzende erkannte bekanntlich messerscharf, daß die Steigerungsstufe von Vertrauen die Kontrolle ist. Irgendwie muß aber die Kontrolle seiner Kontrolle entglitten und der Rückgriff aufs Vertrauen unkontrolliert gewesen sein. Lassen wir das, die Zeitgeschichte ist gelaufen wie sie läuft. Ungebrochen ist hierzulande immer noch die Faszination der Vorstellung, jeglicher Mißstand sei durch mehr Kontrolle in den "Griff" zu bekommen. Mißtrauen ist gut, Kontrolle ist besser! So die demokratische Variante.

War schon die Freude der Lehrer, von ihren Schülern in welcher Form immer, mehr kontrolliert zu werden, eine Art Zeugnis-Rache, so war das Entzücken über die Ankündigung anonymer Kontrollore an den Universitäten grenzenlos. Was aber geschieht, wenn sich an den heillos überlaufenen Akademien der "Dienst nach Vorschrift" durchsetzt? Denn erst wenn die Rahmenbedingungen kontrollgemäß genau stimmen, geht es an die Kontrolle der Inhalte.

Mittlerweile sind die Kontrollore zu einer Art Über-Professoren herangereift, die beurteilen, ob das akademische Plansoll erfüllt wird. Eine derart hohe Qualifikation der Kontrollore erfordert selbstverständlich eine eigene Kontrolle. Und das alles soll möglichst unauffällig, anonym und noch dazu kostengünstig geschehen.

Zur Entlastung des akademischen Kontroll- und Geheimdienstes böte sich freilich auch eine Automatik an, die im Zuge des Lauschangriffs auf die Handy-Telefone bekannt wurde. Das Innenministerium, so verlautete aus demselben, verfügt über sogenannte Wort-Scanner, die sich auf programmierte Stichworte hin in ein Gespräch einklinken und dieses aufzeichnen. Auf diese Weise läßt sich die überhandnehmende organisierte Kriminalität besser überblicken und bekämpfen. Wenn der Großganove aus Wiener Neustadt seinen Kumpan in Gramatneusiedl anruft und ihm etwa einen Posten gebrauchter Panzer, einen Waggon Heroin oder einen handlichen Koffer Plutonium anbietet, so lauscht der Scanner aufs Stichwort mit - und die Exekutive weiß gleich, wo sie suchen muß. Die Schwierigkeit besteht freilich darin, daß sich durch die vielen Krimis im Fernsehen und die Popularisierung der Gaunerei überhaupt eine gewisse Vermischung der Sprachbegriffe eingestellt hat.

Einerseits verharmlosen die Ganoven ihr Vorhaben indem sie zum Beispiel behaupten, der Banküberfall sei nur ein Lokalaugenschein in der Hauptkasse - und anderseits reden biedere Bürger von harmlosen und ehrlichen Machenschaften im Vokabular der Hochkriminalität. Ein tolles Ding, das da gedreht werden soll, wobei jede Menge Stoff vorhanden sei, bei Überschuß auch einer "kalt" gestellt werde, entpuppt sich unter Umständen als heitere Sommernachtsparty.

Es könnte also sein, daß die scannernden Lauschangriffe zu viel Ausschuß produzieren und die modernen Gaunerzinken nicht fassen. Keine Angst vor einer Fehlinvestition in diesem Falle! Die Wort-Scanner lassen sich auch auf Stichworte in den Uni-Vorlesungen umprogrammieren - und der Kontrollor braucht nur mehr die Hörsäle mit geheimen Richtmikrophonen überwachen.

Während also der Technik und Phantasie der staatlichen Kontroll- und Geheimdienste in den letzten Wochen einiges geöffnet wurde, setzt das Soziaministerium noch eins drauf. Die im Zuge des Schengener Abkommens einzusparenden Zollbeamten sollen künftig die üppige heimische Schwarzarbeit kontrollieren. Wer etwa demnächst am Wochenende seinen Zaun streicht oder eine Hundehütte zimmert, soll tunlichst seinen Paß einstecken, den er sonst quer durch Europa nicht mehr benötigt.

Spaß beiseite, die unregistrierte Arbeitswut, die an den nun helleren Abenden und Wochenenden an manchen Baustellen ausbricht, die Garagen-Spenglerei und das Angebot grenzüberschreitender Pfuscher-Partien, bedarf keines kontrollierenden Lauschangriffs. Da merkt schon jeder Laie, was gespielt wird. Die Frage ist nur, wie bei all diesen mißtrauensbildenden Kontrollen, die Selektion von großen und kleinen Sündern gehandhabt wird. Denn ein hart geprüftes Volk hat längst unkontrolliert in der Hohen Schule des österreichischen Schmähs seine Lektion gelernt.

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