Unbedankte Fähigkeiten

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Nicht, daß wir derzeit keine anderen Sorgen hätten. Die Sümpfe, bloß symbolisch von Schaden, in der Natur willkommene Biotope, schlumpfen ja nur so dahin, man steigt auf Schritt und Tritt in den Morast.

Aber irgendwie läuft ja auch das, was ich abseits (und schon dieses Wort führt uns unbeabsichtigt in medias res) vom politischen Tagesgeschehen so beobachte, ins Schlüpfrige, was die Erwähnung des Phänomens berechtigen dürfte. Kurz, es geht um eine sonderbare Gewohnheit der meisten Fußballer.

Abstiegskämpfe, Weltmeisterschaften und Derbys werden mir in letzter Zeit immer häufiger via Television ins Haus geliefert. Das gibt mir Gelegenheit, dem Geschehen auf dem grünen Rasen, wie die Reporter die Fußballfelder in hektisch aufgeladener Poesie zu bezeichnen pflegen, größeres Augenmerk zu schenken, als dies selbst beim Besuch eines Stadions möglich wäre.

Wird doch ein erfolgreicher Torschütze, aber auch ein an sich selber oder an der gegnerischen Verteidigung gescheiterter Stürmer nach Abgabe seines Schusses in Richtung gegnerisches Gehäuse, Sie sehen, ich beherrsche die Insidersprache, meist in Großaufnahme gezeigt. Und genau in dieser Situation pflegt der Kicker, nun wieder zurück in die Mitte des Spielfeldes laufend und mimisch Gleichgültigkeit, wenngleich ja doch eine von Bedeutung, heuchelnd, jeweils spontan und äußerst gehaltvoll ins Gras zu spucken.

Dieses Faktum ist international und allgemeingültig. Kein noch so heißer, den Speichelfluß hemmender Sonnentag, kein in die Nähe des Fußballers (der zu Unrecht so heißt, ballt er doch kaum jemals den Fuß, sondern nur in besonders erregenden Situationen, von regelunkundigen Schiedsrichtern herbeigeführt, die Hand, nämlich zur Faust, sodaß er mitunter eher als Faustballer zu bezeichnen wäre) ragendes Kameraobjektiv, kein vom Kampf um Torprämien geförderter Streß kann den Mann davon abhalten, sein Sputum in Sekundenbruchteilen zu sammeln und aufs Spielfeld zu speien, sei es zum Zwecke der Mißfallenskundgebung, sei es, um sich selber Anerkennung auszusprechen.

Diese Notiz meinerseits soll jedoch keineswegs dazu dienen, möglicherweise verächtlich über schlechtes Betragen der Sportler zu klagen. Vielmehr spreche in den Betreffenden meine uneingeschränkte Bewunderung über ihre an jene von Lamas grenzende Fähigkeit und ihre totale Körperbeherrschung aus. Ich habe nämlich ähnliches bereits in abgeschiedenen Winkeln der Umgebung probiert, ich habe mit Geduld geübt, man könnte meine Versuche bereits als gezieltes Training bezeichnen. Doch ich war trotz größter Anstrengung zu eine auch nur annähernd so perfekten Darbietung, wie ich sie immer wieder in den Übertragungen diverser Spiele sehen kann, nicht imstande.

Weshalb ich die Gelegenheit wahrnehmen möchte, hier der bislang völlig unbedankten Fähigkeit unserer Fußballspieler wie auch jener aller anderen Länder den gebührenden Raum zu widmen.

Daß durch ihr diesbezügliches Tun die Sümpfe, die wir heutzutage zu beklagen haben, vermehrt werden, ist ja dank einer rigorosen Wiesenpflege nicht zu befürchten.

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