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Bekenntnis zur Ordnung
Im Mittelpunkt des Schaffens der Schwester Gertrud stehen die Gobelins, Arbeiten, die in zweifacher Weise typische Merkmale einer ganz anderen Wiener Schule sind als jener vielgenannten, die von Professor Gütersloh herkommt. Hier zeigt sich beste Boeckl-Tradition. Die zweite spezielle Wiener Note ist die von Fritz Riedl in Wien nach 1945 aktivierte Webetechnik, bei der der Künstler selbst an der Herstellung des Gobelins arbeitet und damit ein viel engeres Verhältnis zum Material und seinen Gegebenheiten gewinnt als jener nur einen Karton zeichnende Entwerfer. Bei Schwester Gertruds Wandteppichen, bei dem kleineren, auf sparsamsten Farbaufwand gestellten mehr, ist ein kräftiger, doch ausschwingender Duktus feststellbar, der auch sehr deutlich in den gezeigten Ölbildern zum Ausdruck kommt. Mit breitem Pinsel und starker Hand, gleichsam aus einem persönlichen Bekenntnis heraus, gerade und uhverschledert, wird die Farbe aufgetragen. Der Entwurf eines dritten Gobelins zeigt in seiner Ursprünglichkeit deutlich, mit welch persönlichem Engagement die Elemente gesetzt werden.
Wir können dieselbe Beobachtung auch bei den Aquarellen machen. Bei dieser Technik, bei der es so sehr schon auf den Ansatzpunkt ankommt, wo jeder Farbwischer unwiderruflich zum Tragen kommt und damit einmaliges Element einer im flüchtigen Gerinne gesetzten Ordnung wird, sehen wir bei Schwester Gertruds Arbeiten mit sparsamsten Mitteln eine räumliche Welt erstehen. Eine kräftigere Arbeit erinnert entfernt an Boeckls „Erz-berg“, während andere, lichte, Fläche neben Fläche setzende Blätter, viel Luft und Atmosphäre dazwi-schenlassen. Sie besitzen eine Eigenständigkeit, die eine gelöste Heiterkeit ahnen läßt.
Einen breiten Raum nehmen in dem Oeuvre die Graphiken ein. Auch bei diesen Bleistiftzeichnungen, fast ausschließlich nach Landschaften, werden mit einem festen Strich-gefüge tiefe Räume erschlossen. Um dunkle, in der Strichführung verdichtete Befestigungen, Rinnen, Täler, Bergeinschnitte u. ä., verspannt Schwester Gertrude ein Netz von Bezugslinien, die das Bild in eine Ordnung einbinden, jedem einzelnen Blatt seine Bezogenheit geben. Es sind Landschaftsgraphiken, wie wir sie heute schon selten finden, die aber doch in ihrer Sparsamkeit eine zeitgemäße Haltung aufweisen und den Menschen ihren Standort zu bedenken geben könnten. So sehen wir eine durch alle Techniken spürbare Komponente, die, unabhängig von der mehr oder weniger am Gegenstand, an dem Vorwurf haftenden Darstellung, ein Bekenntnis zu einer sinnvollen Einheit ist.
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