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Entwurf zeigt „Zähne"

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Ende 1991 war es soweit: Das Justizministerium versandte den Entwurf eines Umwelthaftungsgesetzes zur Begutachtung. Vorangegangen waren langwierige, oft heftige Diskussionen. Die Frist, Einwände gegen den Entwurf zu erheben, endet im Februar.

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Ende 1991 war es soweit: Das Justizministerium versandte den Entwurf eines Umwelthaftungsgesetzes zur Begutachtung. Vorangegangen waren langwierige, oft heftige Diskussionen. Die Frist, Einwände gegen den Entwurf zu erheben, endet im Februar.

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Rechtsanwalt Thomas Höhne, von den Grünen als Rechtsexperte zu den Beratungen entsandt, erhofft sich, daß sich „keine wesentlichen Änderungen mehr ergeben". Durch Kürzungen bestünde die Gefahr, daß aus dem „jetzt recht praktikablen Instrument ein zahnloses wird". Er zieht dabei auch den Vergleich zu Deutschland, wo ein Umwelthaftungsgesetz seit Anfang 1991 in Kraft ist. Umweltsünder hätten es dort leichter, „den Kopf aus der Schlinge zu ziehen". Die wesentlichen Grundzüge des österreichischen Entwurfes dürften also nicht im letzten Moment wegdiskutiert werden. Und die sind:

□ Die Gefährdungshaftung für Schäden, die durch „eine umweltgefährdende Anlage oder Tätigkeit" (Gesetzeseritwurf) entstehen. Gemeint sind nicht nur Körper- oder Sachschäden, sondern auch „nachhaltige Umweltbeeinträchtigungen", für die der Anlagenbetreiber oder sein Auftraggeber haftbar gemacht werden kann. Die Haftung umfaßt auch „die Kosten für angemessene Maßnahmen zur Feststellung, Minderung und Beseitigung dieser Beeinträchtigung."

□ Die Verursachungsvermutung -nicht mehr der Geschädigte muß nachweisen können, daß eine bestimmte Anlage Schuld an Verschmutzungen oder Erkrankungen hat - der Anlagenbetreibermußseine Unschuld nachweisen. Er muß auch Auskünfte über verwendete Stoffe oder den Produktionsablauf geben.

Die Pflicht zur Auskunft ist im Gesetz indirekt verankert: Wo jemand keine Auskunft gibt, dort bleibt die Vermutung, daß die betreffende Anlage den Schaden verursacht hat, aufrecht. Für einen Haftungsprozeß ein enormer Nachteil. Ausnahme: „behördliche Anordnungen" (Entwurf) befreien von der Auskunftspflicht.

□ Zur Klage berechtigt sind sowohl Einzelpersonen als auch Verbände, besonders dann wenn es keinen direkt Geschädigten gibt. Die Grünen wälzen jetzt schon Pläne, wie bisher eher auf verlorenen Posten stehende Bürger motiviert werden könnten, Musterprozesse zu initieren. Auch um zu überprüfen, wie „wirksam das Gesetz letztlich ist". (Höhne).

□ Durch eine Haftpflichtversicherung soll gewährleistet sein, daß auch tatsächlich Geld da ist, entstandene Schäden zu decken. Im Grünen Entwurf war statt des Wörtchens soll ein muß vorgesehen. Franz Lauer, stellvertretender Generaldirektor der Wiener Städtischen Versicherung meint dazu, daß die Deckung bestimmter Umweltschäden schon jetzt durch die Betriebshaftungsversicherung gedeckt wäre. Wer keine entsprechende Versicherung hat, dem kann die behördliche Bewilligung entzogen werden.

Die Versicherungsgesellschaften wehrten sich bei diesem Punkt vor allem deswegen, wei 1 irgendwer überprüfen müßte, welche Prämien über haupt zu zahlen sind und als wie sichereine Anlage einzustufen ist. Lauer: „Bisher konnten Verträge auch am ,grünen Tisch' beschlossen werden", jetzt brauchte es ausgebildetes technisches Personal zur Uberprüfung der Betriebssicherheit.

Die Versicherung müßte auch sichergehen, daß es keine schon bestehenden Schäden gibt. Solche Gutachten, die sehr zeitaufwendig und teuer sind, würden sich erst nach Jahrzehnten über die Versicherungsprämien rechnen. Wer nun letztlich verantwortlich für die Überprüfung der Richtigkeit der Höhe der Prämien und ob diese überhaupt gezahlt worden ist, wird noch lange für Diskussionen sorgen.

Ursprünglich sollte ein Umwelthaftungsfonds Gesetzesteil sein. Potentielle Verursacher von Ökoschäden und das Umweltministerium sollen diesen Fonds speisen. Zum Einsatz käme der Fonds, wenn es bei Schäden mehrere Verursacher oder keinen bestimmten Geschädigten gibt. Um wirksam zu sein, müßte auch dieser Fonds gesetzlich verankert werden. Höhne bringt die Erwartungen auf den Punkt: Anlagenbetreiber sollen präventiv Maßnahmen ergreifen, daß es erst gar nicht zu Schäden kommt. Auch Lauer erwartet sich ein langfristiges Umdenken.

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