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Haider stoppt Haider
Wer stoppt Jörg Haider? Diese Frage, nach den FPÖ-Wahlerfol- gen von 1986 bis 1988 vielfach gestellt, hat jetzt in der Person des freiheitlichen Polit-Aufsteigers ihre Antwort gefunden: Haider stoppt Haider.
Kaum gerät er in Schwierigkeiten, beginnt der Jörg zu schwimmen. Ob er sich da mit Norbert Burger oder dort mit Udo Proksch trifft: einmal gestellt, reicht es nur zu einer recht jämmerlichen Vorstellung. Ausreden, Ausflüchte, Widersprüche, dazu eine Portion Wehleidigkeit - der Mann ist nur halb so alt, wie er sich verhält. Und er verhält sich wie ein Polit- Funktionär alten Zuschnitts, auch wenn er sich als jugendlicher Fe- schak gibt.
Nach dem Maßstab, den Haider an die SPÖ im Zusammenhang mit deren Steueraffäre angelegt hat, muß* er sich und seine FPÖ messen lassen: Kann er sich da morgens noch ungeniert in den Spiegel schauen? Seinen vielzitierten „kleinen Leuten“ in die Augen?
Der selbsternannte Saubermann Haider hat sich selbst demaskiert. Seine Glaubwürdigkeit - das wichtigste Kapital eines Politikers — hat einen Kurssturz erfahren.
Unmittelbare Rückwirkungen für die Wahlgänge am 12. März in Kärnten, Salzburg und Tirol sollten trotzdem nicht erwartet werden. Im Gegenteil: Geschickt wird von der FPÖ mit einer „Polit- Kampagne gegen Jörg Haider“ gespielt, um Mitleid und Solidarisierung mit dem angegriffenen FP-Führer zu mobilisieren. Und das hat - wie Beispiele der Vergangenheit deutlich zeigen - seine Wirkung.
Man sollte den Verlust an Glaubwürdigkeit unabhängig von einem einzigen Wahltag sehen. Wähler sind Menschen. Und es ist für keinen Menschen leicht, sich mit einer enttäuschten Hoffnung abzufinden: Zuerst kann und will man es nicht glauben, man lehnt sich dagegen auf, getäuscht worden zu sein, dann findet man sich langsam damit ab - ein schmerzlicher Sickerprozeß.
Der ist im Gang. Als Saubermann läuft Haiders Rolle aus. Das wird auf Wechsel- und Persönlichkeitswähler nicht ohne Wirkung bleiben. Das wird auch dem Lager angewiderter Nicht-Wähler neuen Zulauf bringen.
Haider wird sich dagegen aufbäumen, wird versuchen, verlorenes Terrain anderswo dazuzugewinnen: durch soziale Demagogie in großem Maßstab, durch noch direkteres Aufgreifen von dumpfen Ressentiments. Versucht er das, rückt er noch weiter nach rechts.
Jene, die ihn - salopp formuliert - gerne als sauberen Schwiegersohn haben wollten, wird er dort nicht mehr treffen. Deren Sympathien hat er innerhalb kurzer Zeit verloren: Er ist auch nicht anders…
Haider stoppt Haider. Es war eine Zeitfrage. Charakter, so Bert Brecht, ist eine Zeitfrage.
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