Staatlicher Gesundheitsdienst?

Und hier treffen sich die Bestrebungen der Gewerkschaften mit jenen der Bauernvertreter, die kleine, aber unumgänglich notwendige Gruppe der Ärzte so unter Druck zu setzen, daß sie auf die bestehenden Angebote eingehen muß. Denn auch die Bauernvertreter brachten schon einmal die Idee der Ausweitung der Ambulatorien vor, ja es war sogar davon die Rede, durch eine Novellierung des ASVG unter Ausschaltung der Ärztekammern Einzelverträge zwischen den einzelnen Ärzten und den Krankenkassen zu ermöglichen. Es ist verwunderlich, zu welchen Lösungen Politiker Zuflucht nehmen, denen das Denken in Gruppeninteressen doch gar nicht fremd ist. Denn eines steht — wie immer man sich auch zu den Forderungen der Ärzteschaft stellen mag — fest: Die Forderung nach Ausweitung von Ambulatorien ist die Öffnung zum staatlichen Gesundheitsdienst hin. Die Beschneidung der Rechte der Ärztekammer aus welchen Gründen immer ist aber ein zweischneidiges Schwert, denn wie leicht könnte einmal eine andere Gruppe bei einer anderen Kammer oder Institution auf diese undemokratische Idee kommen. Denn Zwangslaigen ergeben sich nicht nur bei Auseinandersetzungen mit Ärzten. Jeder Streik ergibt solche Notstände. Und gegen eine „Notstandsgesetzgebung“ besteht doch bei uns, so sollte man meinen, wahrhaftig eine mehr als berechtigte Aversion.

Es gibt keinen Zweifel: je länger eine Auseinandersetzung dauert, desto mehr verhärten sich die Fronten. Dies sollte aber nicht dazu führen, daß man bei der Wahl der Mittel zu weit geht und das Problem auf eine abschüssige Bahn schiebt, auf der es kein Halten mehr gibt Bei der Aussprache von Vertretern der Ärztekammer mit Bundeskanzler Dr. Klaus haben nämlich die Zahnärztevertreter durchaus eine Verhandlungsbereitschaft bekundet. Die Krankenkas*en behaupten, ebenso verhandeln zu wollen. Die Ärzte müssen sich darüber klar sein, daß von den sieben Millionen Österreichern 6,986.000 Patienten sind, und die Krankenkassen, daß ohne die 14.000 Ärzte unser Staatswesen nicht auskommen könnt.