6688842-1962_29_04.jpg
Digital In Arbeit

Die „unfreiwillige Hilfe“

Werbung
Werbung
Werbung

Vor einiger Zeit wurde das Ergebnis eines makabren Experimentes bekannt: Laboratoriumsratten, längere Zeit mit der Durchschnittskost eines Afrikaners gefüttert, fressen ihre eigenen Jungen auf! Man sollte meinen, diese und andere hinreichend bekannten Tatsachen über die Not in den Entwicklungsländern müßten auch die vom Wohlstand satten Europäer erschüttern — erst recht das so „gute Herz“ des Österreichers. • Gerade jetzt ist es freilich nicht opportun, das Wort Entwicklungshilfe mahnend in den Mund zu nehmen. Der Streit um das „größere Stück Kuchen“, um die Verteilung des Sozialprodukts, ist ja soeben wieder heftig entbrannt. Aber es geht doch bei uns — mit sehr wenigen Ausnahmen — nicht mehr ums tägliche Brot, sondern um den Fernseher, ums Wochenendhaus, ums größere Auto.

Ein Blick in die Statistik: Im vergangenen Jahr haben wir um 12 Prozent mehr für Nahrungs- und Genußmittel ausgegeben als 1960. Allein 10 Milliarden (!) wurden verraucht und vertrunken. Unsere „Leistungen“ für die Entwicklungshilfe sind demgegenüber nicht einmal ein Almosen.

Nach dem neuen U-Thant-Plan für eine weltweite Entwicklungshilfe, der auf eine Anregung von Präsident Kennedy zurückgeht, soll in einem Zeitraum von 25 Jahren der Lebensstandard der Entwicklungsländer verdoppelt werden. Voraussetzung dafür wäre allerdings, daß die vollentwickelten Länder zehn Jahre lang ein Prozent ihres Nationaleinkommens zur Verfügung stellen.

Schon aus dem Naturrecht — die „sozialistische Solidarität“ ist eine viel spätere Errungenschaft — kann man die Verpflichtung für echte Völkerverständigung und gegenseitige Hilfe ableiten.

Franziscus Suarez (1548 — 1617) prägte den Begriff des „bonum commune omnium nationum“. In seinem Standardwerk „De legibus II“ kommt er deutlich auf das „Allgemeinwohl der Völker'zu sprechen. Die Staaten — obgleich zu keinem einheitlichen politischen Körper zusammengeschweißt — müssen sich gegenseitig helfen und untereinander Recht und Frieden aufrechterhalten, da dies zum Wohle der ganzen Menschheit notwendig ist.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung