Euro - und was dann?

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Mit der Währungsunion überschreiten wir Europäer einen Rubikon. Doch bleibt unklar, in welche Richtung es nun weitergeht. Die ökonomische Zukunft der Union liegt in den Händen einer unabhängigen Europäischen Zentralbank, die in der Öffentlichkeit vor allem durch den Streit um ihren Präsidenten bekannt geworden ist. Man gibt vor, dieser Streit sei durch einen Kompromiß beigelegt. Doch zog der Niederländer Duisenberg in seiner Anhörung vor dem Europäischen Parlament dies auch schon wieder in Zweifel, als er auf die Frage, ob er tatsächlich nach vier Jahren seinen Stuhl für den Franzosen Trichet räumen werde, antwortete, das werde er zum gegebenen Zeitpunkt ganz alleine entscheiden.

Wie immer es um diesen Konflikt bestellt sein mag, er ist stellvertretender Ausdruck eines tiefersitzenden. Tatsächlich fördert die Zentralisierung der Geldpolitik und ihre Übertragung an eine demokratisch unkontrollierte, "apolitische" Instanz - der Traum aller Technokraten - ein zweifaches Dilemma der Union zutage. Das erste besteht darin, daß zwar die Geldpolitik, nicht aber andere damit engstens verbundene Politikbereiche europäisiert werden: Es gibt weder eine europäische Sozialpolitik, noch eine Harmonisierung der Steuern, noch einen angemessenen Finanzausgleich in der Union. Das zweite Dilemma besteht darin, daß eine Europäisierung dieser Bereiche die Staatswerdung Europas endgültig offenlegen würde.

Doch entbehrt eine solche Staatswerdung der Legitimation durch eine breite demokratische Öffentlichkeit. Die Schaffung einer europäischen Sozialunion und eines regionalen Finanzausgleichs ginge mit einer tiefgreifenden Transformation der sozialen Ordnungen der Nationalstaaten einher. Die europäischen Bürger und Bürgerinnen werden einem solchen Wandel nur zustimmen, wenn sie an der Konstruktion der neuen Gemeinschaft, die ein neuer Herrschaftsverband ist, beteiligt werden.

Angemessene Beteiligungsverfahren zu entwickeln, müßte also nach dem Euro der nächste rationale Schritt der Integration sein. Europa braucht eine demokratisch-republikanische Verfassung. Ob die verantwortlichen Eliten dafür reif sind?

Die Autorin ist Universitätsdozentin für Politikwissenschaft in Wien.

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