Jahr der europäischen Innenpolitik

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Von wegen Superwahljahr: mehr noch als alle Landtagswahlen und eine Antwort auf die Frage, ob sich im nächsten Nationalrat für die beiden links und rechts um die Mitte kämpfenden österreichischen Traditionsparteien doch noch einmal eine gemeinsame Mandatsmehrheit ausgeht, werden heuer jene Wahlen interessieren, die den weiteren Gang der europäischen Innenpolitik beeinflussen. Seit uns die europäische Staatsschuldenkrise zwingt, den Zusammenhalt der Euro-Zone mit einem strengen fiskalpolitischen Konzept abzusichern, müssen wir nämlich entdecken, dass aus dem losen Bündnis - mehr nolens als volens - längst eine auf Gedeih und Verderb gegenseitig angewiesene Schicksalsgemeinschaft geworden ist.

Umbau alleine ist zuwenig

Denn die Retter des Euro haben nach einer Serie von Notoperationen an der zerbrechlichen, zunächst nur durch gemeinsame Geldpolitik verbundenen Währungsunion, das Zukunftsversprechen unverbrüchlichen Zusammenhalts abgegeben. Seit der Zusicherung der Europäischen Zentralbank vom vergangenen Oktober, Anleihen auch höher verschuldeter Euro-Staaten gegen strenge Auflage unlimitiert anzukaufen, scheint das Vertrauen in die Gemeinschaftswährung wieder intakt. Nun aber stellt sich heraus, dass es mit dem technischen Umbau noch lange nicht getan ist. Denn die neue Statik von Euro-Land wird erst dann tragfähig sein, wenn wir auch politisch den Schritt in eine neue Qualität der Zusammengehörigkeit wagen und aus gesamteuropäischer Koordination europäische Innenpolitik wird. Deshalb gibt es ab sofort keine Peripherie mehr, deren politisches Geschehen uns egal sein könnte. Ob Spanien in Neuwahlen gehen muss, wie Italiens Ministerpräsident Monti im Februar abschneidet, und schon gar, ob Angela Merkel deutsche Bundeskanzlerin bleibt - nichts davon ist bloß von nationaler Bedeutung.

In der Phase der stürmischen Erweiterung der Europäischen Union konnte die Tatsache noch verdrängt werden, dass deren gleichzeitige Vertiefung die politischen Kräfte überfordert. Seit aber klar ist, dass die Gemeinschaftswährung nur durch glaubwürdige Schritte in Richtung einer Fiskalunion abgesichert werden kann, lässt sich die Entscheidung über ein Kerneuropa der Euro-Länder nicht mehr ewig aufschieben.

Gibt es einen dritten Weg?

Zwischen den vereinigten Staaten von Europa und einer weitgehend unverbindlichen, im Binnenmarkt nur lose verknüpften, Staatengemeinschaft schwanken die einander ausschließenden Konzeptionen. Gibt es einen dritten Weg, der zunehmende Integration und Eigenständigkeit der Mitgliedsstaaten miteinander vereinbar hält? David Camerons Ankündigung einer britischen Volksabstimmung über den möglichen Austritt seines Landes aus der EU sorgt dafür, dass all die so lange ausgeblendeten Widersprüche ab sofort offen angesprochen werden müssen. Die nächste Runde im Ringen um Europas künftige Position in der globalisierten Welt ist eröffnet. Das Superwahljahr 2013 könnte zum Beginn einer spannenden Auseinandersetzung über Fragen der europäischen Innenpolitik werden.

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