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Im Februar wurde in Maastricht der Vertrag über die Wirtschaftsund Währungsunion unterzeichnet. Teilnehmen können daran letztlich aber nur jene EG-Mitglieder, deren Wirtschaftspolitik Note „Sehr gut" erhält. Derzeit sind das nur drei Länder. Nichtmitglied Österreich erhält dieselbe Auszeichnung wie die drei Mitgliedstaaten.

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Im Februar wurde in Maastricht der Vertrag über die Wirtschaftsund Währungsunion unterzeichnet. Teilnehmen können daran letztlich aber nur jene EG-Mitglieder, deren Wirtschaftspolitik Note „Sehr gut" erhält. Derzeit sind das nur drei Länder. Nichtmitglied Österreich erhält dieselbe Auszeichnung wie die drei Mitgliedstaaten.

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In den zwölf Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft laufen derzeit die Ratifikationsverfahren für den Maastrichter Vertrag über die Europäische Union an. Neben der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Einbeziehung neuerer Bereiche (Innen-, Justiz-, Kultur- und Bildungspolitik) ist die Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion mit einer gemeinsamen Währung (ECU) Kernstück des Vertrages.

Damit diese gemeinsame Währung auch hält und stabil bleibt, müssen die Mitgliedstaaten ihre Wirtschafts- und Währungspolitik nicht nur irgendwie koordinieren, sondern nach Maßgabe klarer Richtziele: Geldwertstabilität und Budgetdisziplin. Das bedeutet, Inflation und Staatsverschuldung müssen eingedämmt werden, und zwar schon bevor die Europäische Zentralbank die Verantwortung für die Geldpolitik erhält.

So wird schon in der Übergangsstufe (bis 1996 oder 1999) die Wirtschafts- und Haushaltspolitik einer verstärkten gemeinsamen „Überwachung" unterzogen; damit die Vertreter der einzelnen Staaten sich das nicht einfach richten können, gibt es klare Kriterien:

□ Die Finanzierung von Budgetabgängen durch die Notenpresse ist streng verboten.

□ Der Gesamtschuldenstand aller öffentlichen Haushalte eines Landes i {Bund, Länder, Gemeinden, öffentliche Anstalten wie Sozialversicherung und so weiter) darf nicht über 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) übersteigen.

□ Die jährliche Neuverschuldung aller öffentlichen Haushalte des Landes darf höchstens drei Prozent des BIP (betragen.; Wer dagegen verstößt, löst Prüfungsverfahren aus, die Sanktionen in Gang setzten wie zum Beispiel Überprüfung der Darlehenspolitik der Europäischen Investitionsbank, Pflicht zur Hinterlegung einer unverzinslichen Einlage, Geldbußen-Hoher Eintrittspreis

Wenn dann die Endstufe der Wirtschafts- und Währungsunion beginnt, wird an Hand folgender Kriterien überprüft, wer letzlich wirklich „eintreten" darf und wer nicht:

□ Die Inflationsrate darf nicht mehr als 1,5 Prozent über dem Durchschnitt der drei stabilsten Länder liegen.

□ Das Haushaltsdefizit muß in den vorhin erwähnten Grenzen gehalten werden.

□ Der Abstand des langfristigen Zins-Niveaus darf gegenüber den (höchstens) drei stabilsten Ländern nicht mehr als zwei Prozent-Punkte betragen.

□ Der Wechselkurs muß mindestens zwei Jahre vor Beitritt stabil gehalten werden. Das heißt, der Bewerber muß ohne größere Spannungen und ohne Abwertung die engen Bandbreiten des Europäischen Währungssystems eingehalten haben. Damit sich auch die wirtschaftlich schwächeren EG-Länder an diese Kriterien heranarbeiten können, sieht der Vertrag von Maastricht die Einrichtung eines zusätzlichen „Kohärenzfonds" vor, aus dem schwächere Länder zusätzliche Mittel zur Stärkung erhalten können. Diese Hilfe gibt es aber nur für diejenigen, die sich auch wirklich anstrengen, die WWU-Kriterien zu erfüllen. (Bei den bisherigen Regionalfonds beispielsweise gab es diese zusätzliche Anreizfunktion nicht.)

Die Deutsche Bundesbank hat nun errechnet, welche EG-Mitglieder 1990 und 1991 diese Kriterien für die Vollmitgliedschaft in der WWU bereits erfüllen (siehe Seite 1). Nur drei -Frankreich, Dänemark und Luxemburg - bekamen ein „Sehr gut", neun ein „Nichtgenügend". Die anderen müssen sich teilweise noch gewaltig anstrengen, um das Reifezeugnis für die Wirtschafts- und Währungsunion zu bekommen.

Von den ebenfalls untersuchten EFTA-Staaten bekamen weder die Schweiz noch Schweden, sondern nur Österreich und Norwegen das beste Zeugnis ausgestellt. Ein Grund mehr, unser Land in der EG willkommen zu heißen, wenn die Neutralitätsfrage gelöst werden kann.

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