Andreas Babler im Fokus - Nach dem Schnüren eines die SP-Lager verbindenden Personalpakets diese Woche muss Andreas Babler eine Parteilinie vorzeigen, die moderat und links-progressiv zugleich ist. - © APA Picture Desk / Helmut Graf / Heute / picturedesk.com

Sozialdemokratie, bitte mit scharf!

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Ist die SPÖ trotz Wahl-Murks noch zu dem für sie erfolgsversprechendsten Ergebnis gestolpert? Europaweite Studien, laut denen potenzielle SP-Wähler dezidiert linke Positionen bevorzugen, deuten in diese Richtung.

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Ist die SPÖ trotz Wahl-Murks noch zu dem für sie erfolgsversprechendsten Ergebnis gestolpert? Europaweite Studien, laut denen potenzielle SP-Wähler dezidiert linke Positionen bevorzugen, deuten in diese Richtung.

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Ab dem ersten Tag seiner Wahl zum fünften Parteivorsitzenden der SPÖ, schreibt Bruno Kreisky in seinen Memoiren, habe er sich „den Kopf zerbrochen, wie sich diese Partei nun nach den schweren Krisen der frühen sechziger Jahre wieder als eine Partei präsentieren kann, der man Regierungsverantwortung überträgt“. Eine Frage, die dem 13. Parteivorsitzenden, Andreas Babler, nicht weniger zu grübeln geben wird als seinem erklärten Vorbild. „Da war es vor allem wichtig, daß wir zu einer Versachlichung der Politik kommen“, lautete Kreiskys damalige Lösung für das Regierungs-Sudoku. „Ich wollte nicht, daß die SPÖ das Image, das Bild einer absoluten Oppositionspartei bekommt.“

Versachlichung der Politik ist derzeit keine Zuschreibung, die man mit Babler verbindet. Dafür sorgen schon die Debatten über seine bisherigen ideologischen Bekenntnisse. Vor allem aber seit seiner „Ich brenne“-Parteitagsrede steht Babler für Emotionalität, für eine SPÖ als stolzes Synonym für Träumer und für die Kampfeslust, diese sozialpolitischen Träume à la 32-Stunden-Woche Wirklichkeit werden zu lassen, anstatt mit derlei Visionen zum Arzt zu gehen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die SPÖ unter ihrem neuen Vorsitzenden einen radikalen Linkskurs einschlägt, schätzt Politikwissenschafter Eric Miklin aber als sehr gering ein. „Weil das mit der SPÖ einfach nicht geht“, lautet seine Begründung als gelernter Österreicher. Babler werde sich schwer genug damit tun, das über die Bundesländer verstreute Doskozil-Lager einzubinden. Sein Dienstag präsentiertes Personalpaket gibt bereits eine Vorahnung, wie gewagt der Balanceakt wird:

Babler selbst leitet vom Bundesrat aus formal den Nationalratsklub, die Geschäfte dort führt Doskozil-Unterstützer Philip Kucher, Eva-Maria Holzleitner (Team Rendi-Wagner) und Julia Herr (Team Babler) werden Stellvertreterinnen, Sandra Breitender (WAFF) und Klaus Seltenheim (Niederösterreich) übernehmen die Bundesgeschäftsführung.

Mit links in die Mitte

Laut Miklin ist für einen SPÖ-Erfolg „entscheidend, ob man eine einheitliche Position schafft, die moderat und gleichzeitig klar links-progressiv ist“. Für diese Prognose beruft sich der assoziierte Professor für Österreichische Politik in vergleichender europäischer Perspektive an der Uni Salzburg auf europaweite empirische Studien: Ihnen zufolge sind akzentuiert links-progressive Positionen bei potenziellen Wählerinnen und Wählern sozialdemokratischer Parteien in Europa – an vorderster Stelle in Österreich – am populärsten. „Alle Studien zeigen ganz klar, dass ein bissl nach rechts zu gehen der Sozialdemokratie nichts bringt“, sagt Miklin. „Im Gegenteil, die Mittelschicht reagiert extrem sensibel auf kulturelle, gesellschaftspolitische Fragen und Werte. Die von der SPÖ ansprechbaren Teile der Mittelschicht haben hingegen kein Problem mit linker Politik, weil sie ihren Werten entspricht.“ Miklin verweist auf das Beispiel Kreisky: „Der hat sich mit gesellschaftspolitisch linker Politik die Mitte geholt. Und wenn sie gut kommuniziert und mit der Frage nach Gerechtigkeit verknüpft wird, kann die Sozialdemokratie auch mit linken sozialpolitischen Ansagen sehr weit in die Mitte hinein wirken.“

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