Genossenschaften - Gemeinsam stark sein

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Die Genossenschaft ist ein modernes Organisationskonzept für Betriebe, denen nicht nur die Erwirtschaftung von Gewinnen, sondern in erster Linie die Förderung ihrer Mitglieder am Herzen liegt.

Genossenschaften spielen in der europäischen Wirtschaft eine bedeutende Rolle. In der EU-15 gibt es 132.000 Genossenschaften mit rund 2,3 Millionen Beschäftigten. Ihre Leistungskraft ist ein wichtiger Faktor im Leben der 83,5 Millionen Mitglieder, wie auch der Gesamtbevölkerung Europas. In den neuen Ländern der Union wird die Anzahl der Genossenschaftsmitglieder auf 23 Millionen geschätzt. Die Genossenschaft ist keineswegs eine veraltete Rechtsform. Im Gegenteil, es werden auch heute noch jährlich Genossenschaften gegründet, die zum Ziel haben, ihre Mitglieder in einem immer härter werdenden Markt zu stärken.

Der Vorteil dieser Organisationsform ist die Bündelung der Kräfte der Mitglieder, um in jenen Bereichen gemeinsam aufzutreten, in denen man Synergien nützen kann. Gemeinsam stark sein, heißt die Devise. Trotz des Auftretens als Gruppe - in Bereichen, in denen es sinnvoll ist - bleiben die Mitglieder selbstständige Unternehmer. Das heißt, dass man Genossenschaftsmitglied sein kann und gleichzeitig der Chef im eigenen Betrieb ist. Ein gutes Beispiel ist hierfür die BÄKO-Österreich: eine Einkaufsgenossenschaft für Bäcker und Konditoren. Die Mitglieder dieser Genossenschaft sind selbstständige Handwerksbetriebe, die u.a. ihren Einkauf gebündelt abwickeln, und somit bessere Konditionen am Markt bekommen.

International und ...

Ein Rundblick in der EU zeigt, dass über Österreichs Grenzen hinaus der Genossenschaftsgedanke groß geschrieben wird. In Schweden haben diese im Bereich der Forstwirtschaft einen Anteil von 60 Prozent, in Finnland sind es 31 Prozent. Auch bei den Banken haben die Genossenschaften in der EU einen erheblichen Anteil: In Frankreich kontrollieren die Genossenschaftsbanken 50 Prozent des Marktes, in Finnland 35 Prozent und in Österreich 31 Prozent. Man sieht bereits an diesen Zahlen, dass der Norden Europas stark auf die Genossenschaften setzt. So ist der Einzelhandel in Finnland zu rund 36 Prozent und in Schweden zu 20 Prozent genossenschaftlich organisiert. Im Gesundheits-und Arzneiwesen beträgt der Marktanteil der Genossenschaften in Spanien 21 Prozent und in Belgien 18 Prozent, um nur einige Beispiele zu nennen.

In unzähligen Wirtschaftssektoren spielen Genossenschaften eine tragende Rolle. Sie steuern einen Großteil zum Produktionsvolumen dieser Branchen bei, haben in vielen Mitgliedsstaaten einen hohen volkswirtschaftlichen Stellenwert und fördern in zahlreichen Sektoren eine effektive Marktgestaltung. Doch warum ist die Genossenschaft heute noch so zeitgemäß? "Weil sie den Anforderungen des 21. Jahrhunderts nicht nur gewachsen, sondern für die Arbeit von Kooperationen geradezu prädestiniert ist", sagt Renate Hinteregger, Leiterin des Gründerservice im ÖGV. In manchen Köpfen macht die Genossenschaft dennoch einen verstaubten Eindruck, warum? "Vielleicht weil der Ausdruck Förderauftrag etwas sperrig klingt. Modern gesprochen geht es um die Stärkung der Wettbewerbs-und Leistungsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen", sagt Hinteregger.

Vor allem bei den Themen Wirtschaftlichkeit und Gewinnerzielung driften Realität und Meinung der Öffentlichkeit hinsichtlich der Genossenschaften weit auseinander. Eine Genossenschaft darf und soll auch wirtschaftlich erfolgreich sein. Selbstverständlich sind Gewinne erlaubt. Gerhard Schwab, Geschäftsführer der Zentrasport Einkaufsgenossenschaft, die die Sport-2000-Fachhändler beliefert, stellt die Situation so dar: "Oberstes Ziel der Sport 2000 ist es, die Mitglieder zu unterstützen und zu fördern. Um dieses Ziel auch langfristig erfüllen zu können, sind Gewinne und eine solide Finanzstruktur notwendig." Und so denkt bei weitem nicht nur Gerhard Schwab. Das Streben nach Gewinn ist mit dem Förderauftrag, den jede Genossenschaft aufweist, vereinbar, wenn Gewinne nicht um ihrer selbst willen, sondern als Mittel zur Förderung der Mitglieder angestrebt werden.

... innovativ

In den traditionellen Bereichen der Wirtschaft ist die Genossenschaft bereits sehr gut vertreten, aber auch in den innovativen Branchen fasst die Rechtsform mehr und mehr Fuß und wartet mit neuen Lösungsansätzen auf: So befinden sich in Spanien und Japan viele Schulen in Trägerschaften von Bildungsgenossenschaften, deren Mitglieder (Eltern, Lehrer oder beide Seiten) dadurch unmittelbar Einfluss auf den Schulbetrieb nehmen.

*Der Genossenschaftsgeist ist aber auch im Bereich der Hochschulen anzutreffen, so bieten Campusgenossenschaften in den USA und Japan preiswerte Einkaufs-und Unterbringungsmöglichkeiten sowie Beratungsdienste für Studenten an.

*In den USA gibt es seit langem Genossenschaften von Versorgungsbetrieben. Elektrizitätsgenossenschaften beliefern im ländlichen Raum 26 Millionen Mitglieder mit Strom zu kostendeckenden Tarifen und betreiben die Hälfte der US Versorgungsleitungen. Auch in Portugal sind solche Genossenschaften von Stromversorgern im Kommen.

*Ein anderes Beispiel ist eine britische Telekomgenossenschaft, die "Netzzeit" zu günstigen Tarifen einkauft und diesen Preisvorteil in Form niedriger Gebühren an ihre Mitglieder weitergibt.

*In Italien und Mitteleuropa bieten Genossenschaften Arbeitsplätze für behinderte Mitglieder.

*E-Commerce-Genossenschaften ermöglichen kleinen Handwerksunternehmen und selbstständigen Handwerkern in Frankreich und Italien die Vermarktung und den Verkauf ihrer Produkte im Internet.

*Kunst-und Kulturschaffende haben Genossenschaften gegründet, um ihre Arbeiten publik zu machen. In Frankreich gibt es 50 Theatergenossenschaften: darunter das bekannte Théatre du Soleil.

*Aber auch in Österreich gibt es zukunftsweisende Beispiele von innovativen Genossenschaften. So wurde zum Beispiel in Wien eine Assistenzgenossenschaft gegründet, die behinderten Menschen hilft, ein selbstbestimmtes Leben zu führen: Dies geschieht, indem ein mobiler Assistent ins Haus kommt. Die Kunden der Assistenzgenossenschaft leben anstatt in einem Betreuungs-Betrieb "wie die anderen" in den eigenen vier Wänden, und bekommen nur jene Unterstützung im Alltag, die sie auch selbst wollen. Lesen Sie mehr über beispielhafte Genossenschaften in Österreich in diesem Furche-Spezial.

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