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Bodenreform in - Silvanien

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Di Bodenreform in Silvanien — nennen wir das Land dieser gescheiten Leute so — ist ein Schulbeispiel für den großen wirtschaftlichen Erfolg und den hohen ethischen Gehalt genossenschaftlicher Denk- und Arbeitsweise. In großen Zügen sei die wirtschaftliche Seite der silvanischen Bodenreform skizziert.

DerStaat.

In Silvanien besitzt der Staat 160.000 Hektar Wald. Von dieser Fläche zählen 23.000 Hektar zu Bann- und Schutzwaldungen und zu Reservationen anderer Art. Rund 4000 Hektar sind zur Abrundung bäuerlichen Besitzes an Einzellandwirte und an Waldgenossenschaften verpachtet. 3000 Hektar befinden sich stiftungsgemäß in der Verwaltung einer Sozialeinrichtung (Berghospiz) für Arbeiter und Angestellte in der Forstwirtschaft.

Die restliche Fläche von 130.000 Hektar — und nur von dieser ist zunächst die Rede — wurde auf Grund ihrer Lage und Verteilung in elf Komplexen zusammengefaßt; jeder dieser Komplexe wurde einer Waldhauergenossenschaft übergeben. Die größte dieser Genossenschaften, „Foresien“ genannt, hat 30.000 Hektar zur forstwirtschaftlichen Nutzung übernommen. Zwischen Staatsforstdirektion und Genossenschaft ist ei Pachtvertrag abgeschlossen und ein Be-wirtscbaftungsplan erstellt worden.

Danach verblieb der Wald im Eigentum des Staates. Vier Prozent der Fläche wurde jedoch ausgegliedert und der Genossenschaft für Siedlun\sstellen zur Dauerbenützung übergeben. Gewisse Aufgaben ver-waltungstechnischer und . betriebswissenschaftlicher Natur hat sich die Staatsbehörde vorbehalten. Nach einem wohlausbalancierten Schlüssel fließt vom Holzerlös ein bestimmter Prozentsatz (x Prozent) in die Staatskasse. •

Die Genossenschaften der Waldhauer haben auf Grund des Pachtvertrages ' auf der ausgegliederten Fläche Siedlungsstellen geschaffen. In „Foresien“ bestehen derzeit 420 Siedlungsstellen; projektiert sind deren 500, und zwar im allgemeinen vier auf einer Waldeinheit. Die Größe einer Waldeinheit schwankt nach Marktlage, Baumbesatz, Topographie zwischen 180 und 280 Hektar. Tn den meisten Fällen beträgt die Größe einer Einheit annähernd 240 Hektar. Für jede dieser Einheiten sind 10 Hektar freigegeben. Eine Skizze soll die Anlage schematisch zeigen:

In einigen Fällen sind vier Einheiten zu einer Siedlungsanlage zusammengefaßt (Es — Es). Die Siedlungsstellen können sich bei räumlicher Zusammenfassung zu Siedlungsanlagen auch über zwei oder mehr Planstellen erstrecken.

Die Genossenschaft ist verpflichtet, alle erforderlichen Arbeiten nach einem vertraglich festgelegten Wirtschaftsplan auszuführen. Sie erhält hiefür einen bestimmten Prozentsatz (100 x) Tom Erlös. Die Genossenschaft überläßt die Siedlungsstellen den Mitgliedern zur Nutzung.

Die Genossenschaftsmitglieder, denen eine Siedlungsstelle zugewiesen ist, sind verpflichtet, die zur Siedlungsstelle gehörende Planstelle (Waldrayon) nach einem bestimmten Bewirtschaftungsplan zu betreuen und alle ihnen zugewiesenen Aufgaben und Arbeiten — wenn nötig auch außerhalb ihres Waldrayons — durchzuführen. Die Genossenschafter erhalten hiefür die vom Vorstand (nach Abzug der Siedlungsquote errechnete und) bestimmte Holz(erlös)quote. Wer gegen die Interessen der Genossenschaft handelt, sie schadigt oder den Anordnungen des Vorstandes nicht Folge leistet, wird aus der Genossenschaft ausgeschlossen; mit dem Ausschluß oder dem freiwilligen Austritt verliert das Mitglied das Nutzungsrecht an der Siedlungsstelle. Die ausscheidenden Mitglieder haben keinen Anspruch auf den Reservefonds der Genossenschaft.

Der G e n o s s e n s c h a f t s ve r b a n d der Waldhauer umfaßt sämtliche Waldhauergenossenschaften. Dem Verband obliegt vor allem die Sorge um:

Markt, Marktordnung, Absatz, Preis, Verwertung; Kreditbeschaffung'-.

Fachliche Beratung und Beiehrang; zum Beispiel bei Einrichtung der Buchführung, bei Errichtung von Statuten, Geschäftsordnungen, Verträgen, Bewirtschaftungsplänen, Schulung des Nachwuchses, Presse.'..

Interessenvertretung bei Behörden, in Steuerangejegenheiten, Einfluß auf die Gesetzgebung...

Statistisch Auswertung der geschäftlichen Unterlagen der Verbandsgenossenschaften.

Der Genpssenschaftsverband hat die Großwaldbesitzer von Silvanien eingeladen, in analoger Weise wie die Staatsforste, auch die Privatforste einer genossenschaftlichen Bewirtschaftungsweise zuzuführen und so den sozialen Forderungen der Zeit Rechnung zu tragen. Eine Drohung, andernfalls durch ■gesetzliche Maßnahmen eine Bodenreform zu erzwingen, war überflüssig.

Die Großwaldbesitzer in Silvanien haben alle — ohne Ausnahme — die Forderungen der Sozialethik richtig erfaßt und so wie der Staat Siedlungsstellen und Bewirtschaftung der Forste neuen Wald-hauergenossenschaften übergeben. Einige Herrschaften sind bei Bemessung der Siedlungsstellen über das von den Staatsforsten gewährte Ausmaß hinausgegangen.

Ein neuer Versuch: Der Verband hat im Einvernehmen mit Bergbauern und Waldknechten an die Leitung der Staatsforste den Vorschlag geleitet, auch die Bewirtschaftung von Schutz-und Bannwaldungen eigenen Forstgenössen-schaften zu überlassen. Der Gouverneur erblickt in dem neuen Projekt die geeignete Basis, auch für geschützte Bergwälder eine weitgehende Besserung der Wirtschaftlichkeit erreichen zu können; in den ersten acht Jahren der genossenschaftlichen Bewirtschaftung ist das Defizit auf 2V| Mill. S. gesunken. Der Gouverneur hat sich entschlossen, in dieser Hinsicht einen Versuch zu wagen.

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