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Im Bannkreis der Metropole
Die Vielfalt in der land- und forstwirtschaftlichen Struktur des Gebietes um Wiener Neustadt gibt dem Land und seinen Bewohnern in allen Belangen des Lebens das Gepräge. Inmitten der Kulturen aber liegt die „Allzeit Getreue“ selbst, die heuer um einmal mehr in den Blickpunkt der Oeffentlichkeit gerückt ist. Tüchtige Männer haben zu Beginn dieses Jahrhunderts versucht, durch eine Ausstellung die Leistungen und das Wollen der Bewohner des Gebietes von Wiener Neustadt einem großen Publikum darzustellen. Mit der heurigen Jubiläumsausstellung vollendet sich ein halbes Jahrhundert fleißiger Arbeit und bedeutender Erfolge nicht nur auf dem Gebiet des Ausstellungswesens. Sicherlich noch eindrucksvoller ist das, was in den Ausstellungen zur Schau gelangt und vor allem während der letzten zehn Jahre hat das Viertel unter dem Wienerwald hervorragende Aufbauarbeit geleistet. Zweifellos hat die Land- und Forstwirtschaft dieses Gebietes mit dazu beigetragen, den kraftvollen Aufschwung der Wirtschaft dauerhaft und stabil zu gestalten und in Zusammenarbeit mit den anderen Berufsgruppen und Teilen der Bevölkerung ist die Agrarwirtschaft bestrebt, ihr Bestes zu geben.
So bemühen sich im Bezirk Wiener Neustadt 4759 Betriebe, dem Boden die entsprechenden Leistungen abzuzwingen und bewirtschaften zusammen 81.967 Hektar land- und forstwirtschaftlich genutzte Fläche. Dabei haben über 4000 Betriebe eine Betriebsgröße unter 50 Hektar, und das bedeutet, daß in diesem Gebiet weitaus überwiegend klein- und mittelbäuerliche Betriebe beheimatet sind. Von der gesamten
Kulturfläche werden 3 8.379 Hektar landwirtschaftlich und 47.115 Hektar forstwirtschaftlich genutzt, wobei bei der landwirtschaftlichen Nutzfläche das Ackerland mit 27.370 Hektar, die Wiesen mit 5799 Hektar und die Tal- und Hutweiden mit 3321 Hektar vorherrschend sind. Im Bereich des Ackerlandes überwiegen die Flächen, die dem Körnerfruchtbau gewidmet sind, mit 14.566 Hektar, es folgt der Feldfutterbau mit 8871 Hektar und der Hackfrüchtebau mit 3054 Hektar. Ein kurzer Blick in die Stalltüren dieses Gebietes zeigt neben einem umfangreichen Kleintierbestand 22.371 Rinder, 34.962 Schweine und noch 2369 Pferde. Aber auch hier hat die Mechanisierung und Technisierung tief in den bäuerlichen Wirtschaftsbetrieb eingegriffen und es gelangen u. a. im Bezirk Wiener Neustadt 800 Traktore, 41 Mähdrescher, 2780 Elektromotore und 187 Melkmaschinenanlagen zum Einsatz. Auch im Reiche der Bäuerinnen hat die Technik Einzug gehalten und es sind zum Beispiel 900 Waschmaschinen, 174 Elektroherde und 208 Kühlschränke und -frühen in Verwendung.
Es ist sicher nicht müßig, das Bild zu studieren, das diese Zahlen geben, sondern darin veranschaulichen sich klar und deutlich die Bemühungen und die Erfolge, auf die die Land-und Forstwirtschaft auch dieses Gebietes hinzuweisen vermag. Wenn aus der Summe der Produktionssparten eine besonders hervorgehoben werden soll, so ist es die der Harzgewinnung, ein Erzeugungszweig, der als außerordentlich charakteristisch für das Wiener-Neustädter Gebiet gelten kann. Nur mehr in wenigen Bereichen Niederösterreichs und des Burgenlandes wird noch geharzt, wenngleich diese Art der Waldnutzung einen sehr bedeutenden Beitrag für die Gesamtwirtschaft darstellt.
Die Produktions- und Absatzverhältnisse des Viertels unter dem Wienerwald sind jedoch sehr nachhaltig durch die Nähe des großen Konsumzentrums Wien beeinflußt und der Sog, den die Großstadt ausübt, ist auch in den entlegensten Bauernhäusern noch spürbar. Das betrifft nicht nur die Preisbildung und die Marktversorgung, sondern auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt, und die Frage der Arbeitskräfte auf den Bauernhöfen gehört mit zu den täglichen Sorgen der Landwirte. Diese Sorgen werden teilweise vermehrt durch die klimatischen Verhältnisse und durch die Beschaffenheit des Bodens, und das Steinfeld trägt nicht ohne Begründung diesen „harten“ Namen. Die Betriebsstruktur läßt es auch in diesem Gebiet notwendig erscheinen, durch geeignete Maßnahmen eine Vielzahl von Höfen auf die gewünschte optimale Betriebsgröße zu bringen.
Mit viel Erfolg ist die bäuerliche Jugend in diesem Gebiet bemüht, ihr Fachwissen zu vervollkommnen und eine qualifizierte Berufsausbildung zu erhalten. Hiebei gehen von Wiener Neustadt mächtige Impulse aus, die weit über die Grenzen des Landes hinausreichen, da die Stadt selbst die neuerrichtete niederösterreichische Imkerschule beherbergt. Das Ländliche Fortbildungswerk ist nicht ohne Schwierigkeiten bestrebt, die Jugend des Bauernstandes mit den
Erkenntnissen der Neuzeit auf allen Gebieten vertraut zu machen, und es ist dies auch für den Bereich Wiener Neustadt sicherlich eine der besten Vorbereitungen auf die Europäische Integration. Die sozialen Errungenschaften der Bauernschaft, wie etwa die Altersversicherung und die Kinderbeihilfe, haben gleichwohl nicht nur in diesem Bezirk eine ungemein segensreiche Wirkung erzielt, sondern gerade in Gebieten mit einer solchen strukturellen Beschaffenheit vermehrte Erfolge gezeitigt. Durch die Errichtung einer Unfallstation beim Krankenhaus Neunkirchen ist dafür vorgesorgt worden, daß durch eine erstklassige Behandlung die Gesundheit der Menschen weitestgehend geschützt ist. Die Bemühungen dort, wie überall im Lande, sind darauf gerichtet, den Bauernstand an Leib und Seele gesund zu erhalten und im Verein mit einer ausreichenden wirtschaftlichen Sicherheit ist auch die Agrarwirtschaft des Viertels unter dem Wienerwald in der Lage, allen Anforderungen gerecht zu werden.
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