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Ein Alpen-Nationalpark in Österreich?

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In den Vereinigten Staaten von Nordamerika, der Geburtsstätte des ersten Nationalparks der Welt, verkündet an der Zufahrt zum Yellowstone National-Park eine Inschrift: „Der Wohlfahrt und Erholung des Volkes.” Diese Inschrift allein, die in schlichten Worten den großartigen Zweck jenes Nationalparks verrät, sollte auch uns in Oesterreich zu denken geben.

Allerdings — so könnte jemand entgegnen — könne es sich eben nur ein reiches Land,. wie es die USA sind, leisten, die erzieherische und geistige Wirkung, die die unberührte Natur auf den Menschen ausübt, vor kommerzielle Erwägungen zu stellen. Dies mag irgendwie richtig sein. Aber auch die Schweiz hat einen Nationalpark. Er liegt unweit der österreichischen Grenze in Graubünden, südlich des Inns. Italien besitzt neben anderen Nationalparke im Ortlergebiet (950 Quadratkilometer) und insbesondere das Steinwildreservat vom Gran Paradiso (750 Quadratkilometer). Aber auch England, Irland, Finnland, Polen, Jugoslawien, Tschechoslowakei, Schweden und die Sowjetunion, ja selbst das landarme Belgien und die Niederlande besitzen ihre Nationalparke. Warum also nicht auch Oesterreich?

Die Eignung der österreichischen Landschaft für derartige Nationalparke steht außer Zweifel, also können es nur allzu menschliche Beweggründe sein, die bisher und noch gegenwärtig ihre Verwirklichung verhindern. Tatsächlich wird, wenn man die einzelnen Gegenstimmen hört, offenbar, daß Mißverständnisse oder, richtiger, Unkenntnisse schuld daran sind:

So ist es sicherlich zu begrüßen, wenn sich seit einiger Zeit der Oesterreichische Naturschutzbund und insbesondere sein Institut für Naturschutz mit den Vorarbeiten zur Schaffung von Nationalparken beschäftigen. Diese Vorarbeiten sind so weit gediehen, daß sie demnächst abgeschlossen und publiziert werden. Hierfür war es vor allem notwendig, dem Begriff „Nationalpark”, der in verschiedenen Staate .verschiede ausg halt zu geben, der den österreichischen Voraussetzungen in Natur, Landschaft und menschlicher Wirtschaft entspricht. So soll der Plan vor allem keinerlei oder zumindest keine nennenswerten Einbußen für die Land- und Forstwirtschaft, dagegen außerordentliche Vorteile für den österreichischen Fremdenverkehr bringen.

Folgende Gesichtspunkte könnten für einen künftigen Nationalpark in den Alpen — vom Neusiedler See soll hier noch nicht die Rede sein — gelten:

1. Auswahl einer charakteristischen Landschaft, die in ihrem Gesamtbild für den Alpenraum Oesterreichs als Symbol gewertet werden kann.

2. Das ausgewählte Gebiet müßte sich durch besondere Schönheit und durch eine möglichst vielgegliederte Landschaft auszeichnen sowie eine besonders reiche Tier- und Pflanzenwelt aufweisen.

3. Die bestehenden und künftigen Werke menschlicher Kultur und Wirtschaft müssen sich harmonisch in das Naturganze einfügen und dieses womöglich in seiner landschaftlichen Wirkung steigern.

4. Das Gebiet müßte seiner Begrenzung nach eine landschaftliche Einheit umfassen, die es gestattet, als Lebensareal die Eigenarten der Tier- und Pflanzenwelt sowie der bodenständigen Menschen zu erhalten.

5. Der Schutz dieses Gebietes dürfte nicht nur Selbstzweck im Sinne des Naturschutzes als philosophischer Begriff sein, sondern hätte insbesondere auch der Belehrung und Erholung, der Weckung und Pflege des Heimatgefühles und nicht zuletzt den Interessen des Fremdenverkehrs zu dienen.

6. Ein Nationalpark müßte insgesamt und in seinen einzelnen Teilgebieten günstig erreichbar sein, anderseits jedoch genügend Möglichkeiten aufweisen, Totalreservate für besondere Zwecke zu schaffen.

Unter einem österreichischen Nationalpark wäre also ein Gebiet zu verstehen, das eine spezifisch österreichische Landschaft in ihren Formen, ihrer Tier- und Pflanzenwelt, aber auch mit ihrer menschlichen Besiedlung umfaßt und sich durch besondere Ursprünglichkeit sowie durch besondere Schönheit auszeichnet, welche Eigenschaften es zur Wohlfahrt des Österreichsehen Volkes erhaltungs- und betreuungswürdig machen.

Neben einem Steppen-Nationalpark Neusiedler See erscheint das Gebiet der westlichen Hohen Tauern zum österreichischen Alpen-Nationalpark besonders geeignet. Es enthält mit dem Großglockner den höchsten und einen der schönsten Gipfel Oesterreichs, mit der Großvenedigergruppe das größte vergletscherte Gebiet der Ostalpen, mit dem Pasterzenkees den größten Gletscher der Ostalpen, mit der Gamsgrube eines der wissenschaftlich bedeutendsten Naturschutzgebiete der Alpen und mit den Krimmler Fällen die höchsten und imposantesten Wasserfälle Europas. Allein diese Schau- und Glanzstücke machen dieses Gebiet nicht nur zu einem Kleinod Oesterreichs, sondern geben ihm europäische Bedeutung.

Als Begrenzung des prospektiven Nationalparkgebietes wird vorgeschlagen: Bruck an der Glocknerstraße — Glocknerstraße bis Heiligenblut — Leiterbach im Leitertal — Bergertörl — Kais — Iselbach — Defreggental — Roter-Mann- Törl — Rötspitze — die Staatsgrenze entlang bis zur Dreiherrenspitze — die tirolerisch-salzbur- gische Landesgrenze bis zur Reichenspitze — Roßkogel — Wildkarkogel — Gerlosplatte — die Salzach bis Bruck. Das Gebiet läge demnach mit dem Nordabfall der Hohen Tauern im Lande Salzburg, mit dem Pasterzengebiet in Kärnten und mit dem Südabfall der Hohen Tauern sowie der Lasörling-Panargenkette in Osttirol. Es würde gebildet aus der Venediger-, der Granatspitz- und der Großglocknergruppe und eine Fläche von rund 1300 Quadratkilometer umfassen (Yellowstone National-Park in den USA: 8963,5 Quadratkilometer; Schweizerischer Nationalpark im Unterengadin: 160 Quadratkilometer; Ortler-Alpen-Park 950 Quadratkilometer). Von diesem Gebiet sind rund 77 Prozent unbesiedelt und unkultiviert, 180 Quadratkilometer werden von Firn und Eis bedeckt

Wie wird das Wetter?

Mit dem Frühling kommt auch der „Lufthunger” wieder. Auf einmal werden Wohnung, Kanzlei und die Straßen der Stadt zu eng. Hinaus in die erwachende Natur! — lautet die Parole. Für die angespannten Nerven ist ein Spaziergang ins Freie direkt eine Wohltat. Erst recht, wenn Sie sich gegen alle Wetterlaunen mit einem Kleppermantel wappnen. Das neue Modell „Super-Rillo” hat einzigartige Vorzüge. Fragen Sie in der Klepper-Filiale, Wien I, Burgring 3, nach diesem idealen Wetterschutz mit der aktiven Ventilation. Oder fordern Sie einfach den Katalog M 35 an, von den Oesterreichischen Klepper-Werken GmbH., Kufstein in Tirol. und 109 Gipfel überragen die 3000-Meter- Höhenlinie.

Von dem vorgeschlagenen Gebiet sind bereits das Pasterzengebiet als Naturschutz- bzw. Landschaftsschutzgebiet (37 Quadratkilometer durch eine Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 1. Juli 1935), und im Lande Salzburg ein Pflanzenschongebiet nördlich der Granatspitzgruppe (90 Quadratkilometer bzw. mit Banngürtel 120 Quadratkilometer) durch’ eine Verordnung der Salzburger Landesregierung geschützt. Große Teile sind überdies im Besitz der Oesterreichischen Bundesforste, des Oesterreichischen Alpenvereines und des Vereines Naturschutzpark Stuttgart, dürften also für den gedachten Zweck unschwer greifbar sein.

Im künftigen Nationalparkgebiet müßten die Gesichtspunkte des Naturschutzes und der Ländschaftspflege unbedingt vorherrschen und entscheidend wirken können. Die Annahme oder Ablehnung dieser Notwendigkeit als grundsätzliche und unerläßliche Forderung des Naturschutzes entscheidet darüber, ob das Gesamtprojekt eines österreichischen Nationalparkes überhaupt ernsthaft behandelt werden kann. Eine bloße Fremdenverkehrsaktion wäre abzulehnen. Es dürften daher keine weiteren Großbauprojekte (zum Beispiel Autostraßen, Großkraftwerke) die Ursprünglichkeit des Gebietes gefährden. Alle übrigen Bauvorhaben, die geeignet sind, Natur und Landschaftsbild zu stören, wären vor ihrer Durchführung, also noth im Stadium ihrer Planung, der künftigen Nationalparkkommission vorzutragen. Das Anbringen oder Aufstellen jedweder Reklame oder Ankündigung müßte untersagt sein. Die Almwirt- ii9,„fobi „im llgemeimąp kip Einschränkung. rf abjpiu, .Hingegen war . eą, tte erläßlich, ein weiteres Herabdrücken der Waldgrenze, die Entwicklung unwirtschaftlicher Bürstlings-Heideflächen sowie Bodenerosion zu verhindern. Forstwirtschaftlich wäre die Erhaltung bestehender natürlicher Waldbedeckung, insbesondere der Zirbenbestände, zu gewährleisten. Wildschutzmäßig wäre vor allem im gesamten Gebiete des Nationalparks die Gründung von Hegegemeinschaften unerläßlich. Ueberdies müßte die jagdliche Bewirtschaftung einer zentralen Regelung durch die Nationalparkkommission unterworfen werden, da nur dann innerhalb eines Großraumes der Wildbestand nach Art und Individuenzahl erhalten werden kann. In fischereilicher Hinsicht wäre eine Verbesserung der gegenwärtigen Verhältnisse vor allem durch einen ausreichenden und geregelten Fischbesatz der Gewässer herbeizuführen. Was den Schutz der übrigen Tier- und Pflanzenwelt betrifft, so gelten hierfür die Bestimmungen der einzelnen Landesnaturschutzgesetze, nach denen entsprechend den Anforderungen des Nationalparks geeignete Verordnungen erlassen werden könnten.

Mit Ausnahme weniger, verhältnismäßig eng begrenzter Gebiete (zum Beispiel in Wild-, Wald- und allgemeinen Naturschutzgebieten) sollen die Schönheiten des Nationalparks zugänglich erhalten, ja in — wenigen — bestimmten Fällen noch zuzüglich erschlossen werden. Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, daß zahlreiche schöne Wasserfälle, zum Beispiel im oberen Sulzbachtal, derzeit nicht oder kaum zugänglich sind und daher gegenwärtig als Anziehungspunkte kaum in Betracht kommen. Aehnlich ist es mit etlichen Klammen, Hochgebirgsseen, interessanten Karbildungen, Talabschlüssen und anderen Sehenswürdigkeiten, die — zum Teil sogar unbenannt — durchaus würdig wären, im Rahmen eines Nationalparks der Oeffentlichkeit und d m Fremdenverkehr zugänglich gemacht zu werden.

Zusammenfassend sei nachdrücklich festgestellt, daß weder dem Bund noch den Ländern noch den beteiligten Institutionen durch das vorliegende Projekt untragbare Lasten erwachsen würden, keinesfalls aber der Bevölkerung des Gebietes.

Mögen daher die berufenen Behörden und Persönlichkeiten, aber auch die betroffene Bevölkerung leidenschaftslos und verantwortungsvoll die in der österreichischen Alpenlandschaft gebotenen Möglichkeiten zur Schaffung eines Alpen-Nationalpärks erkennen.

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